Für sichere Schwangerschaftsabbrüche wird immer noch demonstriert.
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Abtreibungen sind in Vorarlberg zum Politikum geworden. Am Mittwoch ist dieses um einen erstaunlichen Punkt reicher. Denn Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat eine komplette Kehrtwende vollzogen und will im Ländle nun doch Schwangerschaftsabbrüche im Spital zulassen. Vor dem Eingriff werde es das Angebot einer freiwilligen, ergebnisoffenen Konfliktberatung vor Ort im Krankenhaus geben, und auch nach dem Eingriff gebe es Beratung und Betreuung für die Frauen.

Wallner machte kein Hehl daraus, dass er aufgrund seiner persönlichen Auffassung gerne eine Regelung außerhalb des Krankenhauses finden wollte. "Ich muss jetzt aber feststellen, dass alle Bemühungen über die letzten Monate hinweg nicht funktioniert haben, eine niedergelassene Praxis zu finden, die Abbrüche durchführt", betonte Wallner bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. "Wenn keine Lösung zustande kommt, dann ist ein Eingriff von meiner Seite nötig. Ich drücke mich nicht vor Verantwortung, und deswegen stehe ich heute da", sagte Wallner. Seine politische Bedingung sei jedoch, dass es auch künftig keine Abtreibung auf Krankenschein gebe. Es werde eine private Leistung bleiben und keine Kassenleistung, erklärte der Landeshauptmann.

Kein Abbruchregister geplant

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) zeigte sich erfreut, dass ein sicherer Weg für die Frauen gefunden wurde. "Wir tun alles, was möglich ist, damit die Frauen eine informierte Entscheidung treffen können." Es werde in Vorarlberg kein Abbruchregister geben, wie es etwa Tirol einführen will und wie es auch in Salzburg im Regierungsprogramm steht. Rüscher erwartet rund 250 bis 300 operative Eingriffe pro Jahr. Der Eingriff werde 720 Euro kosten.

Die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche im Ländle ist im September hochgekocht, da der einzige Arzt, der in Vorarlberg Abtreibungen durchführt, in Pension gehen wird. Danach war unklar, wo künftig Abbrüche durchgeführt werden könnten. Ursprünglich sollte im früheren Personalheim neben dem Landeskrankenhaus Bregenz eine Abtreibungspraxis entstehen. Da der Umbau lange dauern würde, hat Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) eine Praxis direkt im Krankenhaus Bregenz vorgeschlagen. Nach erheblichen Protesten von Abtreibungsgegnern und vom Bischof hat die Gesundheitslandesrätin ihren Plan wieder verworfen. Rüscher war zuletzt auf der Suche nach Räumlichkeiten.

Zuletzt kritisierte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) Vorarlberg, dass es die Möglichkeit, Abbrüche im Spital durchzuführen, nicht gibt. Es gehe darum, wo Frauen gut versorgt seien und wo es gute Zugänge gebe, meinte er im Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten": "Das ist im Spital und nicht in einem Container oder im privaten Sektor."

Reaktionen

Nunmehr begrüßte Rauch, vormals selbst Mitglied der Vorarlberger Landesregierung, dass "in Vorarlberg endlich Schwangerschaftsabbrüche in Krankenhäusern möglich werden" und es damit einen einfachen und sicheren Zugang gebe. Seine Vorarlberger Parteikolleginnen Gesundheitslandesrätin Katharina Wiesflecker und Klubobfrau Eva Hammerer begrüßten die Entscheidung als "wichtigen und richtigen Schritt für das Recht auf Selbstbestimmung und die Gesundheit von Frauen in Vorarlberg".

SPÖ-Vorsitzender Mario Leiter zeigte sich "stolz darauf, dass die Landesregierung heute unserem Druck nachgegeben hat." Die SPÖ Vorarlberg hatte am Vormittag eine Pressekonferenz zum Thema abgehalten. Die geschäftsführende SPÖ-Klubobfrau Manuela Auer und Neos-Klubobmann Johannes Gasser sahen einen Meilenstein in Sachen Selbstbestimmung. Kritik an Wallner kam von den Freiheitlichen: Er habe "eine völlige Kehrtwende hingelegt" und sei "umgefallen", sagte die Vorarlberger FPÖ-Familiensprecherin Andrea Kerbleder. Die kostenlose psychosoziale Beratung, wie von der FPÖ gefordert, begrüße sie. (Stefanie Ruep, 25.10.2023)