Gegendemo zu einer Veranstaltung von Abtreibungsgegner:innen in Berlin.
Gegendemo zu einer Veranstaltung von Abtreibungsgegner:innen in Berlin.
IMAGO/epd

Abtreibung ist ein Politikum. Wie sehr, das zeigte sich in den vergangenen Wochen in Vorarlberg durch die Diskussion über Schwangerschaftsabbrüche in Spitälern. Laut Ärztinnen und Ärzten ist das der richtige Ort für eine Abtreibung. Trotzdem können Schwangerschaftsabbrüche in Vorarlberg weiter nur in Ordinationen vorgenommen werden. Landeshauptmann Markus Wallner findet das gut, Abtreibung solle es "niemals auf Kassenleistung" geben. Auf politischer Ebene reden somit viele mit, wenn es um ungewollte Schwangerschaften geht. Und die katholische Kirche, etwa der Diözesanbischof Benno Elbs, der es anders sieht als Fachleute und das Krankenhaus als den richtigen Ort für Abbrüche infrage stellte.

Auf privater Ebene scheint klar zu sein: Besprechen mit dem Partner? Ja. Aber die ungewollte Schwangere entscheidet allein. Darin waren sich auch User:innen bei einer aktuellen "Feministischen Gewissenfrage" weitgehend einig.

"Eine Schwangerschaft betrifft den Körper, die Psyche und das Leben der Schwangeren", sagt Pamela Huck, Aktivistin bei der Plattform Pro Choice, die sich für eine Liberalisierung von Abtreibung einsetzt. Deshalb sei es unbedingt nötig, dass Frauen frei über Fortsetzung oder Abbruch einer Schwangerschaft entscheiden können. "Niemand, auch nicht der Partner, darf sie dabei unter Druck setzen", betont Huck. Eine öffentliche Diskussion, die etwa eine freundliche "Rücksichtnahme" auf den Partner nahelegt, sei "brandgefährlich, denn das würde verschleiern, dass es letztlich um Kontrolle geht". In Gewaltbeziehungen werde diese Kontrolle offensichtlich, aber auch Erpressung oder das Einreden von Schuldgefühlen sei ein Zeichen für eine sexistische Grenzüberschreitung.

Erich Lehner ist Psychoanalytiker, lehrt und forscht zu Männlichkeits- und Geschlechterforschung. Zwar kommen Männer nur selten aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft einer Partnerin zu ihm in die Praxis, in laufenden Beratungen oder Therapien taucht das Thema aber durchaus auf. Nach Lehners Erfahrung gibt es allerdings wenige Männer, die das Bedürfnis haben mitzureden. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen wiederum Männer, "die völlig unberührt froh sind, dass sie aus dem Schneider sind, weil es ja die Entscheidung der Frau ist", sagt Lehner.

Unterstützung der Entscheidung

Die Entscheidung über eine Abtreibung "steht einzig und allein der betroffenen Frau zu", so der Psychoanalytiker. Männer sollten im Sinne einer Entscheidungsfindung nicht mitreden dürfen. Wünschenswert wäre aber ein "authentischer Austausch beider Personen auf der Paarebene". Er sollte die Entscheidung der Frau und kann beide Personen in ihrer existenziellen Betroffenheit unterstützen. Wenn das nicht möglich ist, soll das Gespräch in anderer stützender Umgebung gesucht werden.

Trotzdem reden zu viele Männer mit, sagt Pamela Huck. "In Österreich haben nach wie vor hauptsächlich männliche Politiker, aber auch die römisch-katholische Kirche das letzte Wort. Das können wir derzeit in Vorarlberg, aber auch im Burgenland beobachten." Im Burgenland gibt es gar keine Möglichkeit, eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Huck spricht von einer bewusst hergestellten schlechten Versorgung. "Die hohen Kosten für Abbrüche und die Kriminalisierung sind zutiefst patriarchal und stigmatisieren Schwangerschaftsabbrüche weiter."

Schluss mit Stigmatisierung

Mit internationalen Verträgen wie der UN-Frauenrechtskonvention hat sich Österreich zur Gleichstellung der Geschlechter verpflichtet, trotzdem gibt es kein Recht in Österreich auf körperliche Selbstbestimmung, kritisiert Pro Choice. Die Fristenregelung wird noch immer im Strafgesetzbuch geregelt und ist in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten lediglich straffrei. Ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung würde bedeuten, "dass ungewollt Schwangere Ansprüche auf Versorgung hätten, die vom Staat erfüllt werden müssten", so Pamela Huck. Die Plattform Pro Choice fordert vollständige Entkriminalisierung, flächendeckende Versorgung, Kostenübernahme für versicherte und nicht versicherte Personen und ein Ende der Stigmatisierung. (Beate Hausbichler, 6.10.2023)