Dass Frauen im Schnitt deutlich weniger Einkommen haben, ist kein Geheimnis. Demnach bleibt ihnen am Ende des Monats oft nicht viel Geld übrig, um es anzulegen, vorzusorgen oder ihr Geld für sie arbeiten zu lassen. Begriffe wie ETFs, Aktiendepots, Ausschüttungen und Finanzpläne schwirren zwar medial umher, für eine tiefgreifende Beschäftigung damit bleibt aber oft wenig Zeit, Interesse und eben Geld. Ein Sparbuch oder ein Bausparvertrag sind meist schon der Gipfel der Finanzplanung.

Fearless Girl vor der New Yorker Börse
Blicken Sie furchtlos in Ihre finanzielle Zukunft?
Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/BRUCE BENNE

Immer mehr Frauen setzen sich zwar laut einer Umfrage des Zahlungsdienstes Klarna mit ihrer finanziellen Lage und Vorsorgemöglichkeiten auseinander, dennoch sind es nur 67 Prozent, die sich dafür interessieren. 71 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Männer in Österreich gaben an, dass sie ihr Erspartes auf einem Sparkonto verwahren. Nur 26 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer haben eine Altersvorsorge, 33 Prozent der Frauen legen ihr Geld in ETFs, Aktien oder Wertpapieren an, und 44 Prozent der Männer investieren ihr Geld auf diese Art. Auch eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Peter Hajek Public Option Strategies im Auftrag des Aktienforum und der Wiener Börse zeigt, dass das Interesse an Wertpapieren zwar steigt, dennoch gaben 57 Prozent der Befragten an, noch nie Wertpapiere besessen zu haben. Besonders auffallend ist auch hier der Gender-Investment-Gap. Über 30 Prozent der befragten Männer halten Wertpapiere, bei Frauen sind es nicht einmal 20 Prozent.

Aktien oder Armut: Ist das die Zukunft?

Oft sind es die Frauen, die sich in einer Familie um die Finanzen kümmern und Entscheidungen über Investitionen treffen, aber geht es um die persönliche finanzielle Lage, sorgen nur wenige vor. Obwohl Frauen um ihre oft prekäre finanzielle Situation wissen, der Gender-Pay-Gap und der damit verbundene Pension-Gap offensichtlich ist, kümmern sich offenbar nur wenige aktiv um ihre Finanzen.

Trotz des Wissens, dass Altersarmut weiblich ist, schiebt man das Thema Finanzplan und Vorsorge gerne beiseite. Gleichzeitig ärgert man sich darüber, dass man damit dem weiblichen Klischee entspricht, sich für wirtschaftliche und finanzielle Themen nicht zu interessieren. Auch wenn mit dem Kauf von Aktien und ETFs die ungleiche Geldverteilung nicht abgeschafft ist, so könnte man zumindest die eigene finanzielle Lage etwas verbessern. Warum gelingt es einem trotz all des Wissens nicht, endlich die eigene finanzielle Situation besser zu planen und sich damit auseinanderzusetzen? Als Feministin ist man vielleicht auch hin- und hergerissen, weil Altersarmut damit individualisiert wird, nach dem Motto: "Hätte sie vorgesorgt, wäre sie nicht so arm!" Ist es nicht auch die gesellschaftliche Verantwortung, dass Frauen im Alter eben nicht pleite und mittellos dastehen, weil sie über die Jahre trotz Arbeit zu wenig Geld verdient haben? Soll das wirklich ein Aktienportfolio retten?

Wie ist das bei Ihnen?

Setzen Sie sich aktiv mit Ihrer finanziellen Zukunft auseinander, und legen Sie Ihr Geld abseits vom Sparbuch an? Warum ist es für Sie manchmal so unattraktiv, sich mit Aktien, ETFs und Depots zu beschäftigen? Und kann das Anlegen des Geldes am Aktienmarkt die gesellschaftliche Verantwortung gegen Altersarmut ersetzen? (Judith Wohlgemuth, 29.6.2023)