Den Kardinalfehler hat die Politik gemacht. Sie hat die Pensionen (gemäß Formel) um 9,7 Prozent erhöht. An diesem Wert müssen sich nun die Metaller-Lohnverhandler messen. Wer darunter abschließt, akzeptiert, dass Löhne und Gehälter der Werktätigen just in Zeiten hoher Inflation geringer steigen als jene der Bevölkerung im Ruhestand.

Die beiden Chefverhandler: Reinhold Binder von der Gewerkschaft Pro-Ge und Arbeitgebervertreter Christian Knill (re.).
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Aufzulösen ist diese Schieflage kaum – und das ist Teil des Dilemmas, in dem sich die Sozialpartner befinden. Beide Seiten sitzen in ihren Festungen, und man fragt sich, wo die Partnerschaft verlustig gegangen sein mag, die Österreich sozialen Frieden und Wohlstand bescherte. Zuletzt war von ihr wenig zu sehen, und das bezieht sich nicht nur auf den Umgangston. Wenn die Gewerkschaft der Industrie Respektlosigkeit unterstellt, dann beruht das auf Gegenseitigkeit.

Ja, Lohnverhandlungen sind kein Ponyhof. Hart in der Sache, aber verbindlich im Ton – das darf man erwarten. Denn das Problem ist ernst. Die Konjunktur stockt, die Produktivitätsgewinne schwinden, es bleibt wenig zum Verteilen. Daran ändern Unternehmensgewinne der Vergangenheit ebenso wenig wie staatliche Energiehilfen, denn Teile davon flossen längst für Energie ins Ausland. Die Inflation mag schockartig gekommen sein, aber sie verschwindet nicht von selbst. Es braucht eine makroökonomische Lösung, wohl auch Opfer auf beiden Seiten – das ureigene Geschäft der Sozialpartner. (Luise Ungerboeck, 3.11.2023)