The Marvels
Retten diese drei das MCU? Iman Vellani als Ms. Marvel, Brie Larson als Captain Marvel und Teyonah Parris als Captain Monica Rambeau haben in "Die Marvels" jedenfalls viel Spaß.
Laura Radford/Disney-Marvel Studios via AP

Das Marvel Cinematic Universe (MCU) steckt in der Krise. Das titelte Anfang November das einflussreiche Branchenblatt Variety. Was läuft schief im erfolgreichsten Filmfranchise der Kinogeschichte? So einiges. Allem voran hat das MCU ein Qualitätsproblem. Schuld sind der Streamingboom und der Druck vom Produktionsstudio Disney, viel und billig zu produzieren. Auf Disney+ hat Marvel gar einen eigenen Ordner, in dem man sehr lange in unzähligen Kinofilmen und Streamingserien stöbern kann. Dort sind sämtliche Erzählfäden und Figuren bereits angelegt, das schwächt die Kinofilme, denn die Geschichten fransen aus, und bei der Charakterausgestaltung wird gespart.

Neuer MCU-Masterplan

Bis zu Avengers: Endgame lief alles gut. Und hätte man den Namen ernst genommen – "Endgame", die finale Schlacht –, dann hätte man das MCU nach gut einer Dekade zum legendären Abschluss bringen können: 32 Kinofilme, 30 Milliarden Dollar Gewinn. Doch solange der Dollar glänzt, wird produziert und produziert. Dass Hollywood derzeit noch immer von der streikenden Schauspielgewerkschaft lahmgelegt wird, die erst am Montag das "letzte, beste und endgültige" Angebot der großen Studios abgelehnt hat, ist vielleicht auch ein Segen. Zeit zum Umdenken.

Die hat Marvel-Chef Kevin Feige genutzt. Es soll wieder werden, wie es einmal war, und doch anders. Denn Jonathan Majors, dessen Kang the Conqueror die nächste Ära des Marvel-Franchise schultern sollte, fällt aufgrund eines Prozesses wegen häuslicher Gewalt aus. Außerdem steht an: Qualität statt Quantität und eine geplante Rückkehr der Avengers.

Nia DaCosta The Marvels
Eine von uns – den Eindruck erweckt die 33-jährige Regisseurin Nia DaCosta auch mit ihrem Film "The Marvels". Sie selbst bezeichnet sich als Comic-Nerd.
AP/Kin Cheung

Trotz schlechter Prognosen: Lob für "The Marvels"

Jetzt erntet auf Social Media der neue MCU-Start The Marvels viel Lob. Etwas unerwartet, denn der am Donnerstag startende, 250 Millionen Dollar teure Film hat schlechte Box-Office-Prognosen. Regisseurin Nia DaCosta nimmt das Spin-off von Captain Marvel nicht allzu ernst und schlägt den Weg der Teen-Comedy ein. Aus den Serien Ms. Marvel und Wandavision kommen Iman Vellani als Kamala Khan (Ms. Marvel) und Teyonah Parris als Captain Monica Rambeau hinzu. Nach einem kosmischen Vernetzungsunfall bilden sie gemeinsam mit der Einzelgängerin Carol Danvers alias Captain Marvel (Brie Larson) ein starkes Frauentrio.

Es verbindet sie nicht nur die gemeinsame Kraft, aufgrund derer sie immer wieder in Körpertauschszenarien gefangen sind, sondern auch eine emotionale Beziehung. Kamala ist Captain-Marvel-Fangirl, vielleicht sogar ein wenig verliebt in die blonde Superheldin mit queerer Ripley-Energie. Und Monica ist Carols Nichte, die einst von ihr verlassen wurde und ihr ebendas nachträgt.

KinoCheck

Es bleibt doch ein Sandalenfilm

Ein Grund, weshalb sich Carol zurückgezogen hat, ist, dass auch sie mit Schuldgefühlen kämpft. Sie hat die große künstliche Intelligenz des Kree-Volks zerstört, weshalb dieses nun in einem Jammertal lebt. Dessen Anführerin Dar-Benn (Zawe Ashton) sinnt auf Rache. Mithilfe eines magischen Armbands möchte sie die Kraft erlangen, in ihrem Land wieder die Sonne scheinen zu lassen.

Auch Kamala hat eines dieser Armbänder, von ihrer Oma. So ergibt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Dreiergespann und der Rächerin: kreativ choreografierte Kampfszenen, viele Galaxis-Reisen durch diverse Löcher ... und dann wird das Bild plötzlich von kleinen süßen Kätzchen geflutet, die mit ihren Tentakeln Menschen verschlingen – zur Melodie der wunderbaren Cats-Arie Memories.

Überhaupt geht es ulkig und kurzweilig zu im neuen Marvel-Streifen. Aber angesichts der nur angedeuteten Handlung, die reichlich bruchstückhaft daherkommt, fragt man sich dann doch, wann diese Superhelden-Sandalenfilme nun tatsächlich abgelöst werden vom großen Franchise-Hype der Zukunft: Gemeint sind Spielzeugfilme wie Super Mario Bros. oder Barbie. Letzterer hat zumindest vorgemacht, dass unterhaltsames Blockbusterkino auch mit echten Kulissen und ohne pompöse digitale Effekte funktioniert. (Valerie Dirk, 8.11.2023)