Die Boeing MQ-28 "Ghost Bat" wird als Begleitung der F-35 in Australien und den USA erprobt.
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Vor allem der Ukrainekrieg hat gezeigt, wie stark unbemannte Fluggeräte (UAVs) hochintensive Gefechtsschauplätze dominieren. Sind es in der Ukraine oft zivile Modelle, die Granaten auf Panzer werfen oder mit einer VR-Brille zielgenau in die Luke eines feindlichen Panzers gesteuert werden, gehen die USA noch einen Schritt weiter: Sie wollen ihre Kampfjets von unbemannten Fluggeräten begleiten lassen. Die Umsetzung befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium, trotz Geheimhaltung sickern aber immer mehr Details über das Drohnenprogramm durch.

"Billige" 20 Millionen Dollar pro Stück

Unter dem Titel "Kollaboratives Kampfflugzeug" sollen Drohnen das Standard-Kampfflugzeug der USA, die F-35, begleiten. Der Vorteil: Eine Drohne kostet nur etwa ein Drittel bis ein Viertel des immens teuren Jets, wie Frank Kendall, der Secretary of the Air Force, in einem der wenigen öffentlichen Statements zu dem Projekt bekanntgab. Denn: Eine Luftwaffe bestehend aus F-35 Kampfjets und den neuen B-21-Raider-Bombern sei auf lange Sicht in der geplanten Größe unfinanzierbar. Die genannten Flugzeuge bewegen sich in gefechtsbereitem Zustand in Kostensphären von 100 Millionen Dollar pro Stück – oder sogar deutlich mehr. Also brauche man etwas, das in Massen zu einem günstigen Preis zur Verfügung steht, so der Rüstungsexperte. Zudem brauchen Drohnen keine Pilotinnen und Piloten, die man jahrelang ausbilden muss – und die in jedem Einsatz ihr Leben aufs Spiel setzen.

Von diesen Collaborative-Combat-Aircraft-Drohnen sollen mindestens 1.000 Stück beschafft werden, wahrscheinlich jedoch deutlich mehr. Diese sollen über einen hohen Grad an Autonomie verfügen und als "Loyal Wingmen" mit den bemannten Kampfflugzeugen zusammenarbeiten. Das Programm ist Teil einer großangelegten Modernisierung der US-Luftstreitkräfte. Diese umfasst auch die Entwicklung eines neuen bemannten Kampfjets der sechsten Generation.

Als Wingman oder Flügelmann bezeichnet man in der Luftfahrt üblicherweise ein Flugzeug, das leicht nach hinten versetzt neben dem Führungsflugzeug in Formation fliegt und dessen Piloten unterstützt.

Die F-35 soll in Zukunft von autonomen Kampfdrohnen begleitet werden.
APA/AFP/US Department of Defense

Wobei das Wort "günstig" im Rüstungsbereich und vor allem im Kontext von Luftstreitkräften sehr relativ zu verstehen ist, denn wirklich billig ist an den geplanten KI-Drohnen nichts. Wie die Stückkosten der drei bestehenden F-35-Varianten berechnet werden, ist seit langem Gegenstand von hitzigen Debatten. So bezifferte Lockheed Martin im Jänner den Preis der von der Luftwaffe geflogenen A-Variante mit 69,9 Millionen Dollar, wie das "Air & Space Forces Magazine" berichtet. In dieser Zahl ist das Triebwerk Pratt & Whitney F135 aber gar nicht enthalten.

Das F-35 Joint Program Office des US-Militärs teilte "Defense One" kürzlich mit, dass der durchschnittliche Stückpreis für Exemplare aller drei Varianten, einschließlich der Triebwerke, in den letzten Produktionslosen bei etwa 82,5 Millionen Dollar liegt. Das bedeutet: Wenn die autonomen Begleitdrohnen ein Viertel davon kosten, wären das immer noch rund 20,6 Millionen US-Dollar. Bei einer Anschaffung von 1.000 Stück stünden also am Ende 20,6 Milliarden Dollar auf der Rechnung, wie "The War Zone" vorrechnet. Zum Vergleich: Das F-35-Programm war zehn Jahre verspätet und 80 Prozent über dem Budget und kostete am Ende den US-Steuerzahler 1,7 Billionen Dollar.

Das dürfte auch der Grund sein, warum der zivile Chef der Luftwaffe betonte, dass es sich bei den Kampfdrohnen nicht um entbehrliche Verbrauchsgüter handelt. Aber: "Es sollen Systeme sein, bei denen man den Verlust eines Teils von ihnen in Kauf nehmen kann, ohne dass dies große Auswirkungen auf den Betrieb hat." Das bedeutet auch, dass sie relativ schnell hergestellt werden können müssen, so Kendall.

Modulare Bewaffnung

Die Drohnen haben einen weiteren Vorteil: Ihre Start- und Landebahnen sind deutlich kürzer als jene von menschengesteuerten Maschinen. Gerade die jüngsten Konflikte in der Welt hätten gezeigt, dass große Luftwaffenstützpunkte enorm verwundbar durch Angriffe von feindlichen Drohnen oder Marschflugkörpern sind, so Kendall. Wie der Ukrainekrieg zeigt, sind selbst Flugfelder im Hinterland nicht sicher. So gelang es der Ukraine bereits mehrfach, strategische Bomber der Russen mit Drohnen und teilweise improvisierten Marschflugkörpern zu zerstören.

Welcher Typ von Drohnen zum Einsatz kommen soll, ist noch nicht entschieden. Eine Ausschreibung mit den exakten Spezifikationen wird im heurigen Fiskaljahr der USA erwartet. Aktuell werden Erprobungen mit der MQ-28 "Ghost Bat" von Boeing durchgeführt. Diese agiert KI-gestützt und verfügt über ein modulares Missionspaketsystem in der Nase des Flugzeugs. Dieses kann je nach Bedarf entfernt und ausgetauscht werden. So sind unterschiedliche Bewaffnungsoptionen möglich, aber auch Aufklärungssensoren und Mittel zur elektronischen Kriegsführung können eingesetzt werden. Dieses Konzept wird auch in Zukunft erhalten bleiben, und nicht jeder Wingman wird zwingend mit Waffen ausgestattet sein. "Das bedeutet aber auch, dass ein Feind jedes einzelne System als bewaffnet betrachten muss, weil es bewaffnet sein kann, egal ob es bewaffnet ist oder nicht", so Kendall.

"Skyborg" und recycelte F-16

Die MQ-28 wurde eigentlich für die australischen Luftstreitkräfte entwickelt. Daher auch der Name "Ghost Bat" nach der einheimischen Gespensterfledermaus. Diese Begleittdrohne soll mit den F-35-Jets mithalten können und auch ähnlich manövrierfähig sein. Viel ist über das Projekt nicht bekannt, außer dass die Royal Australian Air Force die Drohne auch als Geleitschutz für Tankflugzeuge einsetzen möchte. Die australischen Streitkräfte haben laut Angaben von Boeing aktuell drei derartige Systeme in der Erprobung. Die USA haben mindestens eine der rund 11,7 Meter langen Drohnen gekauft.

Bis die Pilotinnen und Piloten der F-35 aber standardmäßig von KI-Drohnen begleitet werden, dürften noch mindestens fünf Jahre vergehen. Die USA betreiben aktuell mehrere Programme zur Entwicklung von unbemannten KI-gesteuerten Kampfflugzeugen. Neben dem Projekt "Skyborg" wird auch versucht, alte F-16-Kampfjets in autonome Drohnen zu verwandeln. Erste Tests dazu verliefen bislang vielversprechend. (Peter Zellinger, 14.11.2023)