Sanftblau wogt das Meer vor St. Tropez. Fröhliche Menschen planschen darin. Es gibt Drinks, diskrete Dienerschaft sorgt für das Wohlergehen aller. Die Sonne scheint.

So startete der Sommer 1997, der ihr letzter werden sollte, für Prinzessin Diana. Und so beginnt auch die sechste und letzte Staffel der preisgekrönten Netflix-Serie The Crown, die seit Donnerstag beim Streamingdienst abrufbar ist. Achtung, es folgen Spoiler!

Die genervte Diana und der überforderte Dodi fliehen vor den Paparazzi.
Die genervte Diana und der überforderte Dodi fliehen vor den Paparazzi.
Daniel Escale/Netflix

Dianas Klon

Anfangs kann man nicht anders, als wieder zu staunen. Diese Ähnlichkeit! Elizabeth Debicki gibt Diana fast wie einen Klon, egal ob im Etuikleid oder im Badeanzug auf der Yacht der Familie Al-Fayed.

In düsterem Kontrast zum mediterranen Licht steht Großbritannien, das Reich der Queen, erneut dargestellt von Imelda Staunton. Dort müht sich Prinz Charles (Dominic West), ein Jahr nach der Scheidung von Diana, Camilla als die Frau an seiner Seite zu etablieren.

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Er setzt auf die Hilfe seiner Mutter, sie soll die Party zu Camillas Fünfziger adeln. Aber Mum mag nicht kommen. "Es ist nichts Persönliches", lässt sie den armen Tropf wissen. Doch man könne Camilla einfach nicht anerkennen.

Dann busselt und herzt sie ihren leicht maroden Hund Corgi, und in dieser Szene ist alles gesagt über die Verhältnisse im Hause Windsor.

Leider sind uns in der finalen Staffel nicht allzu viele dieser Auftritte vergönnt. Die Queen nämlich kommt nur am Rande vor. Der Fokus liegt bei den ersten vier Folgen, die jetzt zu sehen sind, auf Diana und Dodi (Khalid Abdalla).

Dodi, die Marionette

Nachdem Papa Mohamed Al-Fayed (Salim Daw) kräftig nachgeholfen hat, finden die beiden zusammen. Dodi, nicht unsympathisch, aber Marionette seines Vaters, will Diana jeden Wunsch erfüllen und sie am Schluss heiraten, was sie ablehnt.

Zu sehen sind viele Szenen, die man schon zu kennen meint. Der Kuss auf der Yacht, Shoppen in Monaco und schließlich: Paris. Der letzte Sommer der echten Diana ist schließlich gut dokumentiert.

Somit fehlt Teil sechs die Magie der ersten Staffeln, als die Queen noch jung war und die Monarchie etwas Großes, Mystisches – nicht jene "Soap" des Sommers 1997.

Auf der Habenseite ist nebst der opulenten Ausstattung erneut die schauspielerische Leistung zu verbuchen. Wie gestresst und überfordert Diana und Dodi am Schluss von den Paparazzi und auch Mohamed Al-Fayed waren, kommt gut rüber.

Es gibt Szenen, in denen eine Handbewegung eine ganze Geschichte erzählt. Und dennoch: Crown-Kopf Peter Morgan konnte dann doch nicht widerstehen. Die letzten Stunden vor dem tödlichen Autounfall werden ausgeschlachtet.

Danach wird’s nicht besser. Zum einen, weil nicht nur Charles mit der toten Diana Zwiesprache hält. Die beiden versichern sich ihrer Liebe, womit zumindest eines klar ist: Den nach massiver Kritik aufgenommenen Hinweis von Netflix, dass es eine "fiktive Geschichte" sei, hätte man sich sparen können.

Diana in ihren letzten Wochen ist bei Neflix eine Art Heilige: Supermama, gut gelaunt und Lebensberaterin. Statt Dodis Antrag anzunehmen, rät sie Dodi, sich von seinem Vater zu lösen.

Es ist too much

Aber es kommt noch schlimmer: Die tote Prinzessin gibt sogar der Queen Tipps, damit diese ihr Volk besser verstehen kann. Das ist echt too much und hat mit dem Spirit der ersten Staffeln nichts mehr zu tun.

Weiteres Unbehagen beschert dann jene Woche vor dem Begräbnis Dianas. Die Queen ringt mit sich und ihren kollektiv trauernden Untertanen. Das hat Peter Morgan nahezu identisch im Film The Queen aus dem Jahr 2006 verarbeitet. Man sieht also schon wieder Bekanntes.

Vier Folgen sind jetzt online, die allerletzten sechs des Mammutwerks gibt es ab 14. 12. zu sehen. Wahrscheinlich ist es gut, dass es dann zu Ende geht. Aber dabei sind wir im Dezember allemal. (Birgit Baumann, 16.11.2023)