In Deutschland kommen angesichts der gestiegenen Zinsen Bauträger seit Monaten ins Straucheln, nun könnte es auch in Österreich losgehen. René Benkos Signa hat, wie berichtet, gröbere Probleme. Mehrere große Baustellen in Deutschland wurden wegen Zahlungsproblemen eingestellt. In Österreich laufen die Arbeiten – etwa am Kaufhaus Lamarr an der Wiener Mariahilfer Straße –aber laut der zuständigen Baufirma Habau unverändert weiter.

Das Wohngebäude
Das Wohngebäude "Joseph" ist Teil des Althanquartiers, das Entwickler 6B47 gerade beim Franz-Josefs-Bahnhof realisiert. Einen städtebaulichen Vertrag gibt es dort nicht, die Verhandlungen scheiterten.
6B47

Nun könnte es für einen weiteren heimischen Immobilienentwickler eng werden. Der 6B47, die gerade das Großprojekt Althanquartier beim Franz-Josefs-Bahnhof in Wien in die Höhe zieht, wurden vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte die per Ende Juli erteilten Bestätigungsvermerke zum Jahres- und Konzernabschluss 2022 entzogen. Der Hintergrund: eine "wesentliche Fehleinschätzung".

Man befinde sich mit Banken und Investoren in intensiven Restrukturierungsgesprächen, heißt es dazu. Und es wird betont, dass derzeit alles auf den Baustellen nach Plan laufe, keines der Projekte stehe still. Das bestätigt man auch bei der Strabag, die am Franz-Josefs-Bahnhof als Generalunternehmer tätig ist: Die Bauarbeiten seien in Umsetzung und dem Baufortschritt entsprechend bezahlt. Das Projekt werde weiterhin planmäßig fortgeführt. Auch bei der Baupolizei weiß man von keinen Auffälligkeiten.

Schon im kommenden Jahr soll das Projekt Althanquartier fertiggestellt werden. Es besteht aus mehreren Bauteilen mit insgesamt 130.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche. "Francis" ist mit rund 37.000 Quadratmetern vermietbarer Fläche das aktuell größte laufende Büroprojekt auf dem Wiener Markt. Daneben gibt es noch ein Hotel, eine Garage sowie die Wohnobjekte "Sophie" und "Joseph", die anstelle zweier alter Bürotrakte neu gebaut werden. "Joseph" hat elf Stockwerke, die Dachgleiche fand vor wenigen Wochen statt, "Sophie" ist schon weiter, beide Objekte sollen im kommenden Jahr fertig werden. Durchaus ungewöhnlich ist aber, dass derzeit laut Angaben von 6B47 noch gar nicht feststeht, ob mit den beiden Projekten Miet- oder Eigentumswohnungen entstehen.

Vertane Chance

Städtebaulich betrachtet ist das Projekt Althanquartier eine vertane Chance, jedenfalls aus Sicht der Stadt und des Bezirks. Denn diese hätten sich auch geförderte Wohnungen im Gegenzug für eine höhere Widmung gewünscht. Das städtebauliche Leitbild sah eine Hochhausentwicklung bis 126 Meter vor, daraufhin gab es Proteste, aus einem Architekturwettbewerb ging ein Projekt mit nur 55 Metern als Sieger hervor. Doch die Verhandlungen über einen städtebaulichen Vertrag mit entsprechenden Festlegungen scheiterten. Deshalb baute 6B47 in der vorhandenen Widmung.

Das Fehlen eines städtebaulichen Vertrags hat das Althanquartier mit dem Signa-Projekt Lamarr gemeinsam. Auch dort wird in der vorhandenen Widmung gebaut; die Schaffung eines begrünten, öffentlich zugänglichen Dachgartens wurde per Servitutsvertrag abgesichert. Dieser Vertrag wurde vonseiten der Signa allerdings, wie berichtet, noch nicht unterzeichnet. Er ist aber Teil der Baugenehmigung und muss für die Fertigstellungsanzeige erfüllt worden sein – von der Signa oder einem etwaigen Rechtsnachfolger. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 17.11.2023)