Die Backfire kann zwei Zwei-Kilo-Bomben ins Ziel befördern und soll hinter russischen Linien operieren.
Fedorov, Ministry of Defense of Ukraine

Die ukrainische Regierung hat eine im Land entwickelte Drohne vorgestellt, die nach eigenen Angaben weit hinter den feindlichen Linien operieren kann und immun gegen russische Störsender ist. Anfang der Woche stellte Vizepremier und Technologieminister Mychajlo Fedorow die Backfire genannte Drohne vor. Mit einer Reichweite von 35 Kilometern soll sie hinter die feindlichen Stellungen fliegen und "kolossale Verluste verursachen", wie Fedorow auf X, vormals Twitter, schreibt.

Was der Vizepremier damit meint: Die Drohne soll russische Artilleriestellungen, Logistikzentren, Munitionslager und Kommandoposten angreifen, berichtet "Ukrajinska Prawda". Durch eine besonders leistungsstarke GPS-Antenne soll die Backfire nahezu immun gegen russische Störversuche sein.

Störsender

Die russischen Streitkräfte setzen dafür System wie das Pole-21 ein, das aus mehreren auf Fahrzeugen montierten Antennen und Funksendern besteht. Damit werden Störsignale generiert, die die Verbindung zwischen GPS-gestützter Präzisionsmunition oder Drohnen und den Navigationssatelliten stören sollen. Ende Oktober gelang es der Ukraine, ein derartiges System der russischen Streitkräfte bei Saporischschja zu zerstören – mit einer GPS-gesteuerten Bombe. Das Störsystem dürfte zum Zeitpunkt des Angriffs inaktiv gewesen sein.

Die Backfire muss sich angeblich nicht auf Systemausfälle verlassen, sondern soll laut ukrainischen Angaben völlig resistent gegen Systeme wie das Pole-21 sein. Dadurch soll die Drohne auch die Position der Bediener am Boden geheim halten. Laut einem Video von "Militarnyi" kam es immer wieder zu regelrechten Duellen zwischen ukrainischen und russischen Drohnenpiloten. "Außerdem können die Russen aufgrund der völligen Autonomie der Drohne ihre Koordinaten und die Bodensteuerung nicht erkennen. Das schützt die Operator", sagte Fedorow.

Laut Fedorow hat die Armee die Backfire bereits 50-mal erfolgreich in Tests eingesetzt. Nach dieser Erprobungsphase wird das Verteidigungsministerium eine offizielle Betriebsgenehmigung erteilen, was wiederum bedeutet, dass die ukrainischen Streitkräfte das unbemannte Fluggerät in großen Zahlen einsetzen können.

Wettrüsten der Drohnen

Das Entwicklerteam sei jedenfalls bereits dabei, die Massenproduktion der Backfire vorzubereiten. Die neue Drohne wurde von Ingenieurinnen und Ingenieuren des Verteidigungstechnologieclusters Brave1 entwickelt. Dafür wurde mit den "Evil Birds", den Drohnenentwicklern der ukrainischen Armee, zusammengearbeitet. Bei der Backfire handelt es sich nicht um eine Kamikazedrohne. Sie kehrt nach dem Einsatz zu ihrer Crew zurück. Die Backfire kann eine Nutzlast von vier Kilogramm befördern. Üblicherweise wird sie mit zwei Zwei-Kilo-Bomben bestückt.

Der Ukrainekrieg hat zu einem Wettrüsten in der Drohnentechnologie geführt. "Business Insider" zitiert etwa einen ukrainischen Soldaten, der angibt, dass seine Einheit seit etwa einem halben Jahr kaum mehr geschossen hat und sich stattdessen auf Drohnen verlässt.

Während des gesamten Konflikts haben relativ billige Drohnen Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Stellungen ausgeschaltet. Videos aus dem Krieg zeigen regelmäßig, wie Drohnen aus der Ego-Perspektive (First Person View, FPV) gegen Panzer gesteuert werden, in offene Luken gepanzerter Fahrzeuge fliegen, sich an Truppen in Schützengräben anpirschen und beim Aufprall explodieren. Das wiederum führt dazu, dass beide Seiten versuchen, die Funksignale der gegnerischen Fluggeräte zu stören. Wenn die Backfire also tatsächlich immun gegen Störversuche ist, hätte die Ukraine einen Vorteil auf dem Gefechtsfeld. (pez, 23.11.2023)