Blick auf einen Eisberg
Infolge des Klimawandels brechen immer gewaltigere Eismassen vom Schelfeis ab.
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Der Titel als weltgrößter Eisberg wurde ihm schon manches Mal streitig gemacht. Schließlich lösen sich infolge des Klimawandels immer gewaltigere Stücke vom Schelfeis. Anfang des Jahres etwa ist ein 1.550 Quadratkilometer großer Eisberg namens A81 abgebrochen.

Dennoch ist A23a mit einer Fläche von fast 4.000 Quadratkilometern – in etwa die Größe von Mallorca – nach wie vor Spitzenreiter. Bereits 1986 löste sich A23a als Teil eines Massenausbruchs aus dem Filchner-Schelfeis von der antarktischen Küste, kam jedoch nach kurzer Zeit im Weddellmeer zum Stillstand. Seit 1991 war der tafelförmige Berg fest auf dem Meeresboden verankert und bildete quasi eine Eisinsel.

Satellitenaufnahme der Antarktis
Aufnahmen des Sentinel-3-Satellitenprogramms zeigen den Eiskoloss A23a von oben.
Copernicus Sentinel 3 / BBS

Tempo erhöht sich

Das änderte sich 2020. Seitdem begann der massive Eiskoloss sich langsam in Bewegung zu setzen, wie Satellitendaten gezeigt haben. Mit rund 400 Meter Dicke ist er etwa doppelt so hoch wie der Wiener DC Tower. In den letzten Monaten hat A23a, angetrieben durch Winde und Strömungen, jedoch an Tempo zugelegt und ist nun dabei, die Nordspitze der Antarktischen Halbinsel zu passieren.

Was aber ist der Grund, warum sich A23a auf einmal vom Meeresgrund gelöst hat? "Ich habe einige Kollegen dazu befragt, ob es möglicherweise eine Veränderung der Schelfwassertemperaturen gab, die dies ausgelöst haben könnte, aber wir sind uns einig, dass die Zeit einfach gekommen war", sagte Andrew Fleming, Fernerkundungsexperte des British Antarctic Survey (BAS), der die Bewegung 2020 entdeckt hat, der BBC.

Der Eisriese wird nun höchstwahrscheinlich wie die meisten Eisberge aus dem Weddell-Sektor vom antarktischen Zirkumpolarstrom mitgenommen und in die Iceberg Alley abbiegen, eine Art Wasserstraße für Eisberge. Wenn A23a auf die Insel Südgeorgien im Südlichen Atlantik trifft, könnten die Eismassen zum Problem für die Millionen Robben, Pinguine und Seevögel werden, die dort brüten, und möglicherweise deren Futterrouten unterbrechen. Andererseits sind die großen Eisberge und die in ihnen eingeschlossenen Mineralstoffe Nährstoffquelle für viele Organismen.

Eisbergsuche mit KI

Um besser vorhersagen zu können, wie sich Eisberge bewegen und sich während ihres gesamten Lebenszyklus, vom Kalben bis hin zur Schmelze, verändern, haben BAS-Forscher nun ein Künstliche-Intelligenz-Tool entwickelt. Es soll Daten und Mikrowellensignale von Sentinel-1-Satelliten verarbeiten und so ein genaueres Bild der Dynamiken im Südlichen Ozean liefern. Bei ersten Tests im Zeitraum zwischen Oktober 2019 und September 2020 konnten mit der Software 30.000 Eisberge identifiziert werden, die meisten davon mit einer Größe von ein bis zwei Kilometern relativ klein, wie die Wissenschafter im Fachjournal "Remote Sensing of Environment" berichten.

Nun werden alle verfügbaren Satellitendaten seit 2014 analysiert. Die Erkenntnisse sollen insbesondere helfen, Signale für das Steigen des Meeresspiegels durch die Eisschmelze in der Antarktis zu finden. Dafür wird auch ein digitaler Zwilling der Antarktis entwickelt, indem die Prozesse abgebildet werden können. "Zu überwachen und vorherzusagen, wie viele Milliarden Tonnen Eis in die Ozeane schmelzen, ist aufgrund der komplexen Physik und des Zusammenspiels von Ozean, Eis und Atmosphäre eine der größten Herausforderungen", sagt Scott Hoskin von der BAS und dem Alan Turing Institute, welches das Forschungsprojekt fördert.

Fest steht jedenfalls: Bis auch A23a immer weiter schmilzt und damit seinen Titel als weltgrößter Eisberg abgeben muss, ist es nur eine Frage der Zeit. (kri, 24.11.2023)