Portrait von Michael Sauter.
Michael Sauter ist seit mehr als 40 Jahren als Fotograf aktiv.
Michael Sauter

Angefangen hat Michael Sauter als Ballfotograf, er lichtete die Schönen und Reichen ab. Noch in derselben Nacht lief er zum Fotolabor am Schwarzenberg und mit den fertigen Bildern wieder zurück zur Hofburg, um diese gleich zu verkaufen. Mittlerweile bringen ihn keine zehn Pferde mehr in die Dunkelkammer. Er liebt die Bildbearbeitungsmöglichkeiten am PC, denn er verzerrt gerne die Realität – um noch spannendere Perspektiven zu kreieren. Im Gespräch mit dem STANDARD verrät er, warum er Ringlichter hasst, welche Fotofehler er in Social Media immer wieder sieht und wie man relativ leicht ein gutes Bild schießen kann.

1. Nicht über den Bildaufbau nachdenken

Gespiegeltes Glashochhaus.
Michael Sauter spiegelt gern seine Architekturfotos. So wird aus einem Haus ein Kunstwerk.
Michael Sauter

"Viele Leute knipsen einfach drauf los. Sie bemühen sich nicht einmal, das Bild zu gestalten. Das führt dazu, dass die Bilder oft langweilig sind. Deswegen empfehle ich, immer vorher nachzudenken: Was genau will ich aufnehmen, und was stelle ich in den Fokus? Verändert man den Winkel, aus dem man das Motiv aufnimmt, ergeben sich tolle Perspektiven. Legen Sie sich doch das nächste Mal auf den Boden und schießen Sie von dort aus das Bild. Oder machen Sie ein Porträtbild im Querformat.

Um ein Foto interessant zu machen, hilft die Drittelregel. Stellen Sie sich ein Rechteck im Format vier zu drei vor. Teilen Sie nun dieses Bild mit zwei vertikalen Linien in drei Hälften. Wiederholen sie das nun mit zwei horizontalen Linien. Wenn Sie das nächste Mal ein Foto machen wollen, setzen Sie das Wichtigste auf eine der Linien oder sogar einen der Punkte, wo sich die Linien überschneiden. So wirkt das Foto gleich besser."

2. Mit dem Handy fotografieren

"Ich bin wirklich nicht technikversessen. Meine Hasselblad-Kamera hat auch nicht besonders viele Funktionen. Aber die, die sie hat, sind perfekt. Mit einem Handy würde ich nie fotografieren. Wieso? Weil ich mir meine Gestaltungsfreiheit nicht nehmen lassen möchte. Mit der Blende, der Zeit, den ISO-Werten und dem Einstellen des Fokus kann ein Bild völlig anders werden.

Wenn ich mit der Automatikfunktion einer Kamera fotografiere, habe ich das Gefühl, entmündigt zu werden. Denn dann bestimmt das Gerät den Fokus, die Belichtung und vieles mehr und nimmt mir meine Entscheidungsfreiheit. Diesen künstlerischen Akt, Einstellungen selbst bestimmen zu können, möchte ich nicht aus der Hand geben. Und mit dem Handy kann man eben oft nur im Automatikmodus fotografieren."

3. Ringlichter verwenden

"Auf Social Media entdecke ich immer häufiger, dass Influencer sogenannte Ringlichter verwenden. Das ist ein Licht in Form eines Kreises, der etwas größer als ein Kopf ist. Es stimmt: Licht ist der Hauptdarsteller für ein Foto oder ein Video. Ohne Licht wirkt alles dumpf. Aber Ringlichter beleuchten das gesamte Gesicht, und damit wirkt es flach. Im Auge entsteht auch eine Reflektion, ein Leuchtpunkt oder sogar ein kleiner Kreis. Ich finde Ringlichter sind nur für Pflanzen- oder Insektenfotografie geeignet, weil man bei diesen Nahaufnahmen gern alles beleuchtet haben will.

Ich verstehe nicht, warum Schatten gerade eher out sind. Das Spiel zwischen Dunkelheit und Licht macht zum Beispiel ein Porträt erst richtig interessant. Mein oberstes Ziel ist es auch nicht, dass die fotografierte Person schmeichelhaft abgebildet wird. Sondern mich interessieren die Beziehungen und die Emotionen der Menschen. Deshalb mache ich gerne Beziehungsbilder. Wie eben dieses von Jazz Gitti und ihrer Tochter Shlomit Butbul." (Protokoll: Natascha Ickert, 26.11.2023)

Portrait von Jazz Gitti und ihrer Tochter Shlomit Butbul.
Jazz Gitti und ihre Tochter Shlomit Butbul, die ebenfalls Musikerin ist – fotografiert von Michael Sauter.
Michael Sauter
Und falls Sie sich fragen, wer Jazz Gitti ist, hier ein Video, wie sie ihren Song "A Wunda" performt (1991). #bringjazzgittiback
Video von einem TV-Auftritt von Jazz Gitti mit ihrem Song "A Wunda"