Im föderal organisierten Deutschland werden auf Landesebene neue Zugänge zur Bildung versucht. Unter der Leitung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bildungsministerin Stefanie Hubig hat Rheinland-Pfalz die Initiative "Schule der Zukunft" ins Leben gerufen. Es soll den Anforderungen der sich wandelnden Welt gerecht werden. Das Projekt konzentriert sich auf 45 Schulen, die sich im ersten Bewerbungszeitraum mit eigenen Entwicklungsvorhaben beworben haben. Alle Schularten sind vertreten, und die Entwicklungsvorhaben umfassen Bereiche wie selbstgesteuertes Lernen, flexible Unterrichtszeiten und digitale Bildung. Die Schulen sollen dabei aktiv am Transformationsprozess teilnehmen.

In sogenannten "Town Halls" sollen Ideen und Visionen für die "Schule der Zukunft" erarbeitet werden. Im Juli 2022 fand die erste Veranstaltung in Kaiserslautern zum Thema "Bildung für nachhaltige Entwicklung" (BNE) statt. Weitere Veranstaltungen zu "Inklusion", "Schulbau" und "MINT" sind bereits umgesetzt, die Themen "Berufsorientierung" und "Partizipation/ Demokratieerziehung" sind noch geplant.

Außerschulische Lernorte an der an der Berufsbildenden Schule Koblenz

Von Seiten der Berufsbildenden Schule Koblenz (BBS) gibt es ein positives Feedback zur Initiative. Die Schule habe erfolgreich außerschulische Lernorte eingeführt, bei denen Schülerinnen und Schüler im dritten Ausbildungsjahr an externen Projekten arbeiten. Dies fördere nicht nur die individuelle Entwicklung, sondern ermögliche auch einen praxisnahen Einblick in zukünftige Berufsfelder, so Schulleiterin Beate Kraemer. Die außerschulischen Lernorte bedeuten aber auch mehr Aufwand, wie Silke Brückner, Lehrerin an der BBS Koblenz, erklärt. Es lohne sich dennoch, und sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Ausbildungsbetriebe hätten nach mehr derartigen Zugängen verlangt.

Schule
Außenansicht der BBS Koblenz.
Vera Gasber

"Jobfux" zur Unterstützung bei der Arbeitssuche

Ein weiteres Beispiel für die Aktion "Schule der Zukunft" ist die St. Thomas Realschule in Andernach. Hier werden Schülerinnen und Schüler durch einen sogenannten "Jobfux" in der Zukunftsfindung unterstützt. Sarah Dresen übt diese Funktion aus. Sie sucht mit den Schülerinnen und Schülern nach dem passenden Berufsfeld, unterstützt sie bei Bewerbungen und stellt ein Netzwerk zu den Firmen her. Sie fungiert auch als Bindeglied zwischen Wirtschaft und Schule. Die studierte Sozialpädagogin: "Ziel ist es, dass circa 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler am Ende der Schule einen Plan für ihre Zukunft haben." Letztes Jahr hätten sie "die 100 Prozent geknackt": 50 Prozent haben eine feste Ausbildungsstelle gefunden, 45 Prozent sind an weiterführende Schulen gegangen und die restlichen fünf Prozent in Maßnahmen wie Sprachkurse.

Über einen wöchentlichen Praxistag versucht die Schule in Andernach die Vernetzung von Schule und Wirtschaft. Je nach Schulzweig (ab der 3. Schulklasse werden Schülerinnen und Schüler nach Leistung getrennt) gehen diese entweder jeden Mittwoch oder insgesamt vier Wochen am Stück in Betriebe und loten somit aus, ob der Job und der Betrieb für sie als Ausbildungsstätte in Frage kommen. Die Betriebe wiederum können der Schule die konkreten Schwächen der Schülerinnen und Schüler mitteilen, sodass sie im nächsten Jahr gezielt an beispielsweise Mathe oder Deutsch arbeiten können. Im Idealfall wird bereits ein Jahr vor Schulabschluss die Ausbildungsplatzgarantie feierlich unterzeichnet durch die Kammern, den Oberbürgermeister, die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern und natürlich des zukünftigen Ausbildungsbetriebes.

Menschen an Schreibtischen
Unterzeichnung der Ausbildungsplatzgarantie in Adernach.
Vera Gasber

Deeper Learning startet mit der zweiten Phase

Die Initiative "Schule der Zukunft" hat in der ersten Runde bereits 45 Schulen ermutigt, zukunftsorientierte Projekte umzusetzen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer betont: "Es ist eine besondere Bewegung in das System Schule gekommen." In der zweiten Phase soll nun das Gelernte vertieft und langfristig auf das ganze Land ausgeweitet werden. Der Fokus liege dabei auf offenen Lehr- und Lernkonzepten, "deeper learning" und modernen Unterrichtsstrukturen. Zusammen mit wissenschaftlichen Expertinnen und Experten sowie der Schulaufsicht sollen diese Themen weiterentwickelt werden. Durch den Austausch von Ideen und die Vernetzung der Schulen untereinander entstanden vielfältige Konzepte, die für andere Schulen anschlussfähig seien.

Herausforderungen und Stolpersteine im Entwicklungsprozess

Silke Brückner von der Berufsbildenden Schule in Koblenz beschreibt neben den Erfolgen auch Herausforderungen: "Wir sehen das als einen Schulentwicklungsprozess, an dem wir stetig arbeiten werden. Wir haben Stolpersteine festgestellt und merken selbst, einige fallen von alleine weg, neue Stolpersteine kommen hinzu, andere sind dauerhaft vorhanden. Hieran arbeiten wir, das sehen wir als Prozess an. Hier ist der Weg das Ziel."

"Das übergeordnete Ziel der Initiative ist es, Schülerinnen und Schülern im 21. Jahrhundert die Kompetenzen zu vermitteln, die für ein erfolgreiches und selbstbestimmtes Leben als mündige Demokratinnen und Demokraten notwendig sind", so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. (Vera Gasber, 7.12.2023)