Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt, Bildungsminister Martin Polaschek und Landeshauptmann Thomas Stelzer.
Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt führt die Digital-Uni unter dem Namen IT:U, Martin Polaschek legte als zuständiger Minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung das Gesetz für die neue Uni vor, und Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) repräsentiert das Land Oberösterreich, das die Uni mitfinanziert (das Bild entstand im Juli 2023).
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Für Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) ist es ein "echter Meilenstein" auf dem Weg zur Universitätswerdung und "in der digitalen Transformation des Wirtschafts- und Bildungsstandorts Österreich". Seit Montag ist nämlich das Bundesgesetz, mit dem die neue Universität in Linz, die mit enormen Startschwierigkeiten zu kämpfen hatte, in parlamentarischer Begutachtung. Damit ist die rechtliche Grundlage für die neue Universität in der oberösterreichischen Landeshauptstadt geschaffen. Die sogenannte Digital-Uni heißt darin weiter offiziell Institute of Digital Sciences of Austria (IDSA), aber die Verantwortlichen in Linz rund um Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt haben sich selbst einen anderen Namen gegeben – wohl nicht zuletzt deshalb, weil das Kürzel, wie DER STANDARD berichtete, international schon mehrfach anderweitig verwendet wird. Zum Beispiel von der Industrial Designers Society of America oder der International Data Spaces Association.

Der neue Name lautet nun Interdisciplinary Transformation University, abgekürzt IT:U. Gründungspräsidentin Lindstaedt sagte dazu am Montagvormittag bei einer Pressekonferenz: "Transformation ist unser Ziel, Interdisziplinarität ist unser Weg." Der dort ebenfalls anwesende Minister – neben ihm waren auch Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), Stadtrat Dietmar Prammer (SPÖ) und Ars-Electronica-Leiter Gerfried Stocker anwesend – hatte kurz davor bereits per Aussendung wissen lassen, es sei "durchaus üblich, dass Universitäten einen anderen 'Rufnamen' als den gesetzlich festgelegten wählen". Polaschek verwies darauf, dass das neue Gesetz explizit vorsehe, dass das Kuratorium, also das Aufsichtsorgan, auf Vorschlag der Präsidentin der Uni den Namen der Uni ergänzen könne.

Lindstaedt präsentierte auch ein Logo für die neue Uni. Dieses sei "eine Hommage an IT – Informationstechnologie sowie Interdisziplinäre Transformation – und eine Hommage an TU, die Technische Universität".

Prinzip "Weniger ist mehr"

Das Gesetz für die neue Uni, die damit – anders als die anderen öffentlichen Universitäten – ausdrücklich nicht dem Universitätsgesetz (UG) unterworfen ist, schaffe, so der Minister, "die idealen rechtlichen Rahmenbedingungen", die die neue Universität brauche, um die digitale Transformation interdisziplinär aktiv zu gestalten: "Dabei gilt das Prinzip ,Weniger ist mehr‘, also wenige, aber beständige gesetzliche Vorgaben, dafür umso mehr flexible und anpassungsfähige Rahmenbedingungen." Die Uni bestimme somit "im Wesentlichen" selbst über ihre Leitungs-, Organisations-, ihre Personal- und ihre Studienstruktur. "Wir geben nur das vor, was es unbedingt für eine moderne, verantwortungsvolle Universitätsgovernance braucht."

34 Paragrafen sollen der ITU den "größtmöglichen Gestaltungsspielraum" geben, gleichzeitig aber "das sichere rechtliche Fundament, wie es für eine öffentlich-rechtliche Hochschule geboten ist", gewähren, betonte Polaschek. Gemeint sei damit die Vorgabe der grundsätzlichen Leitungsstrukturen mit den Leitungsorganen, konkret: Präsidentin oder Präsident, Kuratorium als Aufsichtsorgan und Universitätsversammlung, die der Minister "als bottom-up-konzipiertes Kreations- und Beratungsorgan" beschrieb.

Privatrechtlicher Ausbildungsvertrag

Die rechtliche Konstruktion außerhalb des Unigesetzes bedeutet, dass die Studierenden ähnlich wie an den Fachhochschulen und Privathochschulen in einem privatrechtlichen Verhältnis zur ITU stehen, also mit der Uni einen "Ausbildungsvertrag" unterzeichnen, was, so erklärte es Polaschek in einer Aussendung am Montag, "eine flexible Ausgestaltung der Studienstruktur ermöglicht". Gleiches gelte für die Personalstruktur.

Anfang Dezember soll das Personal zehn Personen umfassen, darunter die neue Verwaltungsdirektorin Gabriele Költringer mit vier administrativen Kräften, einen Technology Strategist, der die technische Lernumgebung aufbauen soll, und zwei Lektoren, die sich vorrangig um die Entwicklung der Studienprogramme kümmern. Aktuell sei der Aufbau von sechs Lern-Labs etwa für Augmented Reality, KI und Daten, in denen "die Studierenden, die keinen IT-Background haben, das Arbeiten mit Technologien lernen", erklärte Lindstaedt.

An der IT:U werde Grundlagenforschung in den Computational Sciences betrieben, doch das Netzwerk und die Zusammenarbeit stehe im Vordergrund. Die Studierenden sollen mithilfe der Fähigkeiten, die sie an der IT:U erwerben, die digitale Transformation in ihren Disziplinen vollziehen können. Diese Interdisziplinarität sei an bestehenden Hochschulen schwierig umzusetzen. Gelinge es nicht, die Wissenschaft digital zu transformieren, gerate man aber ins Hintertreffen, warnte die Gründungspräsidentin.

Netzwerk-Uni kooperiert mit Ars Electronica

Die ersten Professorenstellen sollen 2024 ausgeschrieben werden. Man will anfangs ohne Institute und Fakultäten agieren. Ein Strategiepapier soll im Frühjahr präsentiert werden. Für die Netzwerk-Uni seien Partnerschaften mit Unis, aber auch neue Kooperationen mit der Industrie und Unternehmen essenziell. Mit der Ars Electronica sei kommendes Jahr nach dem derzeit laufenden Founding Lab eine weitere Kooperation im Visier.

Das erste Doktoratsstudium soll unverändert im Herbst 2024 starten, der erste Master-Lehrgang im Herbst 2025. Gesetzliche Studierendenvertretung ist die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH). Sozial gestaffelte Studienbeiträge sind möglich, bis 2027 werde es keine geben, betonte Lindstaedt. Interessant ist, dass die Universität eigenständig Stipendien vergeben und somit auf die Internationalität und Diversität in den eigenen Reihen wirken können soll, wie Christopher Lindinger, Mitglied des Gründungskonvents und nun Professor für Kunst und Digitalität am Mozarteum Salzburg, der Austria Presseagentur erklärte.

Personal für Transformation der Industrie

Landeshauptmann Stelzer formulierte seine Erwartungen an die neue Uni in Linz so: "Zur Transformation der Industrie brauchen wir Leute, die das umfassend gestalten können. Das ist Auftrag und Inhalt der Universität." Und der Linzer Stadtrat Prammer kündigte einen Masterplan für das gesamte Uni-Viertel an, der die städtebauliche Richtung vorgeben soll und für den gerade ein Architektur-Wettbewerb laufe.

Erfreut über die neue Digital-Uni reagierte auch Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP). Angesichts der Tatsache, dass in Österreich schon heute an die 24.000 IT-Fachkräfte fehlen – bis 2027 könnten es laut Tursky sogar bis zu 30.000 sein –, habe die IT:U eine besondere Relevanz mit Blick auf den Fachkräftebedarf für den digitalen Wandel. (Lisa Nimmervoll, 27.11.2023)

Update um 13.30 Uhr mit Material der APA von der Pressekonferenz in Linz –darunter ein Doppelpunkt im neuen Namen der Uni.