Maske in Öffis
Angesichts steigender Corona-Zahlen und anderer grassierender Erkältungskrankheiten empfiehlt Minister Rauch das Tragen von Masken, etwa in vollen öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine Maskenpflicht ist kein Thema. Die Situation in den Spitälern bleibt auch angesichts der steigenden Fallzahlen angespannt, Rauch befürchtet aber keine Überlastung der Krankenhäuser.
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Seit 1. Juli 2023 gibt es keine Corona-Maßnahmen und diesbezügliche Einschränkungen mehr. Auch die Meldepflicht für Covid-19 ist gefallen. Verschwunden ist das Virus freilich mitnichten: Aktuell ist die gemessene Virenlast im Abwasser in Österreich so hoch wie noch nie. Auch in den Krankenhäusern machen sich die aktuell grassierenden Krankheitswellen bemerkbar – und verschärfen die aufgrund des Personalmangels ohnehin angespannte Situation zusätzlich. Knapp werdende Kapazitäten im Intensivbereich – wie in den Jahren zuvor – sind aber vorerst kein Thema mehr.

Frage: Wie viele Personen sind aktuell mit Covid infiziert?
Antwort: Nach dem Aus aller Maßnahmen und der Gratistests ist das Abwasser-Monitoring als – auch vergleichsweise kostengünstige – Überwachung geblieben. Hier wurde aktuell ein "nationaler Rekordwert an Sars-CoV-2-Konzentration" festgestellt, teilte Molekularbiologe Ulrich Elling mit. Eine Schätzung aus dem Abwasser-Monitoring in Tirol ergebe, dass bis zu vier Prozent der Bevölkerung positiv sind.

Frage: Wie werden sich die Corona-Zahlen weiterentwickeln?
Antwort: Das kann man nicht genau sagen, aber Elling geht davon aus, dass die Zahlen hoch bleiben werden: "Die XBB-Varianten machen in den Abwasserdaten derzeit noch über 70 Prozent aus, aber die JN.1-Variante ist in den vergangenen Wochen extrem stark gewachsen. Das heißt, spätestens in zwei Wochen dürfte diese Variante dominant sein." Dann würden sich zwei Wellen überlagern, was zu anhaltend hohen Infektionszahlen führte. "Dazu kommen dann noch Influenza- und RSV-Infektionen, die jetzt auch zu steigen beginnen. Dann kann es schon heftig werden mit den Krankenständen." Laut Hans-Peter Hutter, Epidemiologe an der Med-Uni Wien, gibt es plausible Gründe, warum die Infektionszahlen weiter steigen werden: Es gebe mehr Treffen in Innenräumen, dazu kämen vorweihnachtliche Feste und die Weihnachtsfeiertage. Erreger würden hier günstige Bedingungen vorfinden, um sich zu verbreiten.

Frage: Ist die JN.1-Variante gefährlicher als XBB?
Antwort: Molekularbiologe Elling verneint ganz klar: "Das sind immer Sars-Cov-2-Viren, und sie machen immer Covid-19. Es gibt keine besonderen oder neuartigen Symptome, wie man ab und zu lesen kann. Das Virus macht bei normalem Verlauf Erkältungssymptome, die auch sehr schwer sein können, und die zeigen sich nicht bei allen Menschen gleich. Deshalb wird immer wieder einmal von ungewöhnlichen Symptomen berichtet. Das ist aber alles im Bereich des Erwartbaren." Und wie schwer die Infektion verlaufe, hänge damit zusammen, wie gut man immunologisch auf das Virus vorbereitet sei.

Frage: Kann man sich vor einer Infektion schützen?
Antwort: Die angepasste XBB-Impfung schützt sehr gut vor einem schweren Verlauf. Elling betont, dass sich vor allem Ältere ab 60 und chronisch Kranke impfen lassen sollen. Für Immungesunde kann die Impfung außerdem in den ersten Wochen eine Infektion durchaus verhindern. Und er empfiehlt, Maske zu tragen, die sei derzeit besonders effizient: "Wenn eine Welle im Anrollen ist und alle tragen Maske, dann hilft sie gar nicht so viel wie erwartet, weil die Welle sozusagen vor der verschlossen Tür stehen bleiben muss. Sie kommt erst rein, wenn die Maske wieder weg ist." Aber wenn, so wie jetzt, die Welle hoch ist und fast niemand Maske trägt, dann sei sie extrem effizient: "Dann kann man sozusagen durch die Welle durchtauchen. In ein oder zwei Monaten besteht durch die vielen Infektionen wieder eine Herdenimmunität, das Virus hat keine Chance mehr." Als Gesellschaft könne man die Infektionswelle nicht aufhalten, weiß Elling. Aber als Individuum kann man sich sehr gut vor einer Ansteckung schützen.

Frage: Wie sieht es derzeit angesichts der Corona-Infektionen und anderer Erkältungskrankheiten mit den Krankenständen aus?
Antwort: In der Vorwoche waren mehr als 110.000 Personen wegen grippaler Infekte, Grippe oder Covid im Krankenstand, teilte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) mit. Knapp 30.000 wurden einer Corona-Erkrankung zugeordnet. Diese Zahl ist mangels Vergleichbarkeit aber noch mit Vorsicht zu genießen, heißt es von Expertenseite. Personen, die bei anderen Kassen versichert sind und mit Erkältungskrankheiten ausfallen, sind in den ÖGK-Zahlen nicht inkludiert. Insgesamt waren bei der ÖGK in der vergangenen Woche 297.000 Personen krankgemeldet.

Frage: Was heißt das für die Belegung in den Krankenhäusern? Wird es wieder knapp?
Antwort: Wenn man nur Corona isoliert betrachtet, nein. Im Verein mit anderen schweren akuten respiratorischen Infektionen (Sari) wie Influenza, RSV oder auch bakteriellen Lungenentzündungen zeichnete sich in den vergangenen Wochen im Schnitt aber ein sukzessiver Anstieg von stationären Aufnahmen ab. In der kälteren Jahreszeit ist das nichts Ungewöhnliches. Die aufgrund des Personalmangels in den Spitälern ohnehin angespannte Situation wird dadurch aber verschärft. Dazu kommt, dass auch medizinisches Personal selbst erkrankt und ausfällt. Wiens Ärztekammer-Vizepräsident Stefan Ferenci rechnet auch wieder vermehrt mit Gangbetten sowie mit Patientinnen und Patienten, die sehr lange auf eine Behandlung warten müssen.

Frage: Wie sieht es mit der Grippe aus?
Antwort: Laut dem Zentrum für Virologie an der medizinischen Universität Wien nehmen die Influenzavirusnachweise in Österreich zuletzt zwar zu, noch ist aber von keiner Epidemie die Rede. Virologin Monika Redlberger-Fritz geht auf STANDARD-Anfrage davon aus, dass eine Grippewelle noch ein paar Wochen auf sich warten lasse. Wie intensiv die aktuelle Influenza-Saison verlaufe, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht einschätzen. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) schätzte die Anzahl von Personen mit Grippe und grippeähnlichen Erkrankungen in Österreich in der Vorwoche auf rund 250.000. Zum Höhepunkt der Grippewelle im Vorjahr wurde Mitte Dezember die Anzahl von Personen mit Grippe und grippeähnlichen Erkrankungen auf mehr als eine halbe Million Menschen geschätzt.

Frage: Gibt es Reaktionen vonseiten der Politik auf die aktuellen Krankheitswellen?
Antwort: Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) setzt auf Eigenverantwortung und sprach am Mittwoch angesichts der Corona-Welle und steigender Influenza-Zahlen eine Empfehlung zum Maskentragen aus. In der aktuellen Situation sei es dort vernünftig, "wo viele ältere oder kranke Menschen zusammenkommen, zum Beispiel in Spitälern, Pflegeheimen oder Arztpraxen". Eine Maske sei auch in vollen Öffis oder bei größeren Menschenansammlungen empfehlenswert. "Wer Maske trägt, schützt sich und andere." Eine Maskenpflicht ist aber kein Thema. Rauch verwies auch auf die Belagszahlen in den Spitälern und sagte: "Eine Überlastung ist nicht zu befürchten." Der beste Schutz vor einem schweren Verlauf sei die kostenlose Corona-Impfung, Covid-19-Medikamente seien ausreichend verfügbar. Die Influenza-Impfung sei besonders für Personen ab 60 Jahren, mit Vorerkrankungen sowie für Babys und Kleinkinder empfohlen.

Epidemiologe Hutter empfiehlt, bei Symptomen wie Niesen und Husten daheim zu bleiben. Vulnerable sollten Menschenansammlungen meiden. Falls beide Gruppen doch hinaus müssten, gilt auch hier der Hinweis aufs Maskentragen. Wichtig sei zudem Händewaschen und Lüften. (Pia Kruckenhauser, David Krutzler, Stefanie Rachbauer, 29.11.2023)