Eine Mehrheit der Staaten, unter anderem auch die EU, fordert ein Ende des fossilen Zeitalters. Die COP 28, geleitet von Sultan Al Jaber, scheint am Montag in eine andere Richtung zu steuern.
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Der Optimismus, dass der 28. Weltklimakonferenz eine Erklärung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gelingen könnte, ist am Montag verflogen. In einem neuen Textentwurf für das große geplante Abkommen findet der Ausstieg aus fossilen Treibstoffen keine Erwähnung mehr. Die knapp 200 Staaten sollen die Produktion und den Verbrauch fossiler Treibstoffe in einer "angemessenen und gerechten" Art und Weise "reduzieren". Das, so stellte eine Koalition ambitionierterer Staaten klar – zu denen unter anderem die EU und die kleinen Inselstaaten zählen –, sei ihnen nicht genug.

Verwässert wurde zudem auch die Liste an Optionen, mit denen die Reduktion der Fossilen gelingen soll. Zwar ist das Ziel, erneuerbare Energien bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln, enthalten – und auch eine Erklärung dazu, dass die Kohle stark zurückgefahren werden soll und kaum mehr neue Kohlekraftwerke genehmigt werden sollen. Doch gleich danach folgt ein Absatz, der den Erneuerbaren-Ausbau auf dieselbe Stufe mit Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung setzt.

"Dieser Entwurf ist völlig inakzeptabel", wetterte der Umweltminister von Samoa, Toeolesulusulu Cedric Schuster, vor einer dichtgedrängten Gruppe von Journalistinnen und Journalisten. Samoa führt derzeit den Vorsitz der Allianz der kleinen Inselstaaten Aosis. "Unsere rote Linie ist es, das 1,5-Grad-Ziel zu brechen. Wenn dieser Entwurf angenommen wird, ist das die COP, auf der das 1,5-Grad-Ziel gestorben ist."

Samoas Umweltminister, Toeolesulusulu Cedric Schuster, nennt den Entwurf inakzeptabel.
AP/Joshua A. Bickel

Ähnlich klingt auch die Einschätzung der EU-Staaten zu dem neuen Entwurf. "Es gibt ein paar gute Punkte darin, aber insgesamt ist er eindeutig unzureichend", so EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra. Das Dokument enthalte Elemente, die er nicht akzeptieren könne. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ergänzte wenig später: "Der Text ist irreführend. Er suggeriert, dass Fossile in Zukunft weiter eine entscheidende Rolle spielen können." Der neue Entwurf stehe im Widerspruch zu der europäischen Klimapolitik. In den kommenden Stunden stünden nun harte Verhandlungen an, sagte dazu Klimaministerin Leonore Gewessler. "Wir sind noch nicht am Ziel. Der vorliegende Entwurf wird dem Ernst der Lage nicht gerecht."

Al Jaber sieht "großen Schritt vorwärts"

Der Präsident der COP, Ahmed Al Jaber, bezeichnete den Entwurf unterdessen als einen "großen Schritt vorwärts". "Die COP-28-Präsidentschaft hat von Anfang an unsere Ambitionen klargestellt. Dieser Entwurf reflektiert diese Ambitionen", so Al Jaber. Er hatte seit Beginn der Klimakonferenz angekündigt, diese Konferenz zu einem "historischen" Moment zu machen. "Jetzt liegt es in den Händen der Parteien, denen wir zutrauen, das zu tun, was das Beste für die Menschheit und den Planeten ist."

Die Präsidentschaft hatte den Tag damit verbracht, den neuen Entwurf zu schreiben. Dazu hatte sie sich mit den unterschiedlichen Ländergruppen beraten und deren Linien ausgetastet. Beobachterinnen werten die Entwurf als eine deutliche Schwächung zuvor vorliegender Versionen – und als ein Entgegenkommen in Richtung der erdöl- und erdgasexportierenden Staaten, allen voran Saudi-Arabien und Irak.

Ausbaupläne für Fossilen-Förderung

"Was wir hier sehen, ist der Wunsch, eine kleine Minderheit zufriedenzustellen. Von einer historischen COP sind wir jetzt weit entfernt", sagt Catherine Abreu, Gründerin der Organisation Destination Zero. Sie vermutet auch die Handschrift der USA, schließlich habe das Land große Ausbaupläne für seine Erdöl- und Erdgasförderung.

Neben Abreu stand der Analyst Li Shou vom China Climate Hub der Asia Society. Er kritisiert: "Der Text spricht nicht von einem Ausstieg aus den Fossilen, stattdessen hebt er falsche Lösungen hervor." Das Sunnylands-Abkommen, das China und die USA im November in Kalifornien veröffentlichten, sei stärker gewesen als der jetzt vorliegende Entwurf der COP-Präsidentschaft.

Letzte Verhandlungsstunden

Am Montag ist auch UN-Generalsekretär António Guterres zum Konferenzgelände gereist. "Die COP deckt viele Aspekte ab, aber ein zentraler Aspekt für den Erfolg wird sein, dass sie einen Konsens über die Notwendigkeit des Ausstiegs aus den fossilen Brennstoffen erzielt", so Guterres. Vor der Vorlage des neuen Beschlussentwurfs war eine Einigung auf eine völlige Abkehr von der Nutzung der fossilen Energien nach Einschätzung von Verhandlungsteilnehmern so greifbar wie noch nie gewesen.

Am Dienstag um elf Uhr Ortszeit will Al Jaber die Klimakonferenz schließen – wenngleich viele auf der Konferenz eine Verlängerung erwarten. "Die Präsidentschaft muss einen neuen, besseren Text vorlegen", fordert Samoas Umweltminister und Aosis-Vorsitzender Schuster. (Alicia Prager, Michael Windisch, 11.12.2023)