Mit einer Staffel der "Biester" vorab im Stream, den neuen "Vorstadtweibern" des ORF, einem eigenen "Maschek"-Streamingformat und dem digitalen Kinderkanal ORF Kids startet der ORF 2024 seine neue Streamingplattform unter der Marke ORF On. Die gewohnte TVthek des ORF bekommt ein Ablaufdatum: Mit April 2024 wird das neue Streamingportal des ORF die bisherige Nachschauplattform des öffentlich-rechtlichen Medienkonzerns ganz ablösen.

Donnerstag präsentierte der ORF seine neue Plattform vor Journalistinnen und Journalisten. Sie soll laut ORF-General Roland Weißmann das größte österreichische Streamingportal werden – und damit wohl Joyn von ProSiebenSat1Puls4 hinter sich lassen. Weil der ORF ab Jänner über den ORF-Beitrag von allen finanziert wird, müsse man auch auf allen Kanälen für alle Angebote machen.

Streamingplattform ORF On Oberfläche
So kann man sich die neue Streamingplattform des ORF ab 2024 auf diversen Endgeräten vorstellen.
ORF

Schwarz sehen

Schwarzer Hintergrund, die gewohnten, "Lanes" genannten Programmzeilen, nach Genres geordnet: ORF On erfindet die Useroberfläche von Streamingplattformen nicht neu. Das erleichtert die Eingewöhnung, die rasche Identifikation mit dem öffentlich-rechtlichen, österreichischen Rundfunk womöglich weniger. Viele ORF-Inhalte laufen ja mit Einverständnis eines längst kooperativen ORF etwa auch auf Joyn. Der ORF kann umgekehrt laut Gesetz Inhalte von Privatsendern auf seine Plattform nehmen.

Zweite "Biester"-Staffel fix

Alle zehn Folgen der neuen "Biester" von Uli Bree gibt es schon im Jänner auf ORF On. Die Nachfolgeserie der "Vorstadtweiber" läuft dann ab 19. Februar 2023 im linearen Fernsehen an. Die zweite Staffel ist laut MR-Produzent Oliver Auspitz schon fixiert mit dem ORF. Das "Maschek"-Format der etwa aus "Willkommen Österreich" bekannten Drüberredner Peter Hörmannseder und Robert Stachel läuft allein auf ORF On. "Willkommen Österreich" mit Christoph Grissemann und Dirk Stermann wird am Ausstrahlungstag Dienstag dort schon ab 20 Uhr zu sehen.

Der ORF spielt viel Programm ab Jänner parallel in TV und auf der Streamingplattform – etwa die Ski-Dramaserie "School of Champions", das neue Korrespondentinnenmagazin "Weltweit", "Clever – die Rätselshow" für freitags 20.15 Uhr mit Presenter Georg Seberg und zwei neue "Landkrimis", "Das Schweigen der Esel" mit Karl Markovics und Julia Koch und "Dunkle Wasser" mit Christoph Luser und Salka Weber.

"Für immer online"

Mit dem neuen ORF-Gesetz kann der ORF Streaminginhalte auch länger als bisher sieben Tage zum Abruf anbieten – bis zu einem halben Jahr, einzelne Dokus und Kinderprogramme bleiben ohne Ablaufdatum online. Die "Biester" etwa gibt es für sechs Monate online. Durch neuerliche TV-Ausstrahlungen werde man "dafür sorgen, dass die 'Biester' immer online sind", sagte Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz.

Wenn Livesportevents reguläres Programm wie Comedy auf ORF 1 verdrängen, könne man nun auf ORF On "komplementär programmieren", sagt Groiss-Horowitz.

ORF On wird zunächst als Betaversion im Web online gehen und danach laufend um Funktionalitäten erweitert werden, sagt Eva Reiter-Kluger, schon langjährige Leiterin der ORF-TVthek.

"Hinterholz 8" und "MA 2412"

Der ORF plant laut General Weißmann auf ORF On etwa auch einen eigenen "Oldies-Kanal" mit Klassikern des ORF-Programms, als Beispiele nannte er etwa "Hinterholz 8", "Muttertag" und "MA 2412". Er spricht von einem "elektronischen Archiv Österreichs".

Das neue ORF-Gesetz ermöglicht auch die Präsentation von privaten TV- und Radioprogrammen auf ORF.at. Österreichische Vollprogramme und Radiokanäle könnten mittelfristig neben den linearen ORF-Angeboten linear auf ORF On laufen, erklärt Onlinechef Stefan Pollach bei der Präsentation.

Wird es für ORF On - wie für andere ORF-Kanäle - ein eigenes Channel Management geben? Nach einer Startphase, in der viele "eineinhalb Jobs" haben und - gemeint ist mit dem Bild die Arbeitsbelastung - "die Popobacken zusammenkneifen", werde man sich "mittelfristig" auch eine neue Struktur für den Bereich überlegen.

Umbau von ORF.at zu Videoportal in Prüfung

Der ORF darf mit dem neuen ORF-Gesetz Audio- und Videoinhalte eigens für Streaming oder vor der Ausstrahlung in klassischen Programmen produzieren. Textinhalte auf ORF.at, der "blauen Seite", werden reduziert, dafür gibt es dort deutlich mehr Videoinhalte. Der Umbau von ORF.at und sport.orf.at (die "gelbe Seite") zu – überwiegend – Videoportalen wird derzeit noch von der Medienbehörde Komm Austria geprüft. Der gewohnte, kompakte Nachrichtenüberblick der blauen Seite soll laut Pollach erhalten bleiben. Online-only-Inhalte müssen in einem Auftragsvorprüfungsverfahren von der Medienbehörde genehmigt werden.

Auf ORF.at könne man mit täglich 50 Meldungen und 117 Videobeiträgen rechnen aufgrund der neuen gesetzlichen Vorgaben, erklärte Weißmann.

Gegen das neue ORF-Gesetz, den ORF-Beitrag und die neuen Online-Möglichkeiten des ORF gibt es mehrere Beschwerden privater Medienhäuser bei der EU-Kommission, die diese derzeit prüft. Private Medien sehen eine ihre Existenz bedrohende Wettbewerbsverzerrung. (fid, 14.12.2023)