Containerschiff in Begleitung eines Beibootes.
Die Angriffe im Roten Meer und der niedrige Wasserstand im Panamakanal werfen Schatten bis nach Österreich.
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Die Angriffe auf Containerschiffe im Roten Meer haben Wellen geschlagen. Vier der fünf größten Reedereien der Welt ziehen sich – zumindest vorübergehend – aus der Meeresenge zwischen der Südspitze des Jemen und dem Suezkanal zurück. Und auch der milliardenschwere Mineralölkonzern BP sowie mehrere Personalvermittler wollen Öltanker wie Schiffspersonal nicht mehr durch das Rote Meer schicken. Erinnerungen an den von einem verunglückten taiwanischen Schiff blockierten Suezkanal 2021 werden wach. Doch droht wirklich eine erneute Lahmlegung des Schiffverkehrs? Experten zeigen sich jedenfalls skeptisch.

Doch von vorne: Seit nun gut einem Monat attackieren jemenitische Huthi-Rebellen Containerfrachter auf jener Schifffahrtsroute, durch die knapp zwölf Prozent des weltweiten Handelsvolumens fließen. Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz will damit offenbar Israel und seinen Verbündeten schaden und zugleich die Lieferung von Nahrungsmitteln und Medikamenten nach Gaza erpressen.

Waren anfangs israelische Schiffe die anvisierten Ziele, waren vergangene Woche nun erstmals auch europäische Reedereien betroffen. So wurde etwa das unter liberianischer Flagge fahrende Palatium III der Schweizer Reederei MSC mit einer Drohne attackiert. Verletzt wurde niemand, doch der Brandschaden hat Spuren hinterlassen. Die weltgrößte Containerreederei gab bekannt, vorübergehend keine Schiffe mehr durch den Suezkanal zu schicken – und ist damit nicht allein. Fast zeitgleich gab auch die französische CMA CGM ihren Rückzug bekannt, tags zuvor zogen bereits zwei weitere Transportriesen Konsequenzen, nachdem ihre Schiffe attackiert worden waren.

Mit der deutschen Hapag-Lloyd und der dänischen Maersk meiden damit vier der fünf größten Reedereien die Route im Roten Meer, die vor allem Lieferungen von Energie (LNG und Öl), Getreide und Industriegütern zwischen Asien, Europa und Nordamerika ermöglicht. In Summe verantworten sie gut die Hälfte des globalen Containerhandels.

Reedereien könnten profitieren

Die kurzfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen erweisen sich bislang dennoch als gering. Wesentliche Rohstoffpreise an der Börse zogen am Montag nur kurzfristig an, gingen wenig später aber wieder zurück. Für die börsennotierten Reeder hat die Ankündigung alternativer Routen gar für Anstiege der Börsenkurse um bis zu neun Prozent gesorgt.

Und nicht nur an der Börse profitierten die Reedereiunternehmen, sagt Hans-Joachim Schramm. Da die Frachtpreise derzeit "im Keller" seien, könne die Reederei in gewisser Weise sogar froh sein, da die Preise nun stiegen, so der Logistikexperte der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. Während der Pandemie hätten die Schifffahrtsunternehmen gut verdient, das Geld sei zu einem nicht unwesentlichen Teil in neue Flotten geflossen.

Doch die Nachfrage halte mit den erhöhten Kapazitäten nicht Schritt. Neue Schiffe mit erheblichen Transportkapazitäten warteten noch immer auf ihren Einsatz. Nun aber scheint ihre Zeit gekommen. Denn die Containerschiffe müssen in Bewegung bleiben, viele steuern alternative Routen über den Süden Afrikas an. "Das bedeutet mindestens zehn Tage mehr Transitzeit", so Schramm. "Wollen die Unternehmen ihren Takt aufrechterhalten, müssen sie mehr Schiffe reinschicken."

Für die Unternehmen bietet die Krise damit per Zufall gar eine Chance. Doch wie sieht es dort aus, wo die Güter letztlich landen?

Viele Unsicherheitsfaktoren

Auch hier gibt es leichte Entwarnung. Zwar sehen sich Reedereien mit höheren Treibstoffausgaben und gestiegenen Versicherungsprämien konfrontiert. Allerdings hätten Letztere kaum merkliche Effekte auf Verbraucherpreise, schließlich machten sie nur rund ein Tausendstel des Warenwertes aus, erklärt Schramm. Ähnlich sieht es Vincent Stramer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. In der NZZ spricht er zwar von drohenden Kostensteigerungen im Transport – mit Problemen wie in Pandemiezeiten rechnet er aber nicht.

Eine Einschätzung, die auch das österreichische Logistikunternehmen Gebrüder Weiss sowie Gritta Grabner vom Wirtschaftskammer-Fachverband Spedition und Logistik teilen. Und dennoch: Unterschätzen dürfe man die Situation nicht. Schließlich handle es sich um die Hauptroute zwischen Asien und Europa; Gebrüder Weiss ist zudem direkt involviert, hat Container auf betroffenen Schiffen. Geplante Liefertermine dürften sich damit um einige Tage verzögern, heißt es auf Anfrage. Auch erhöhte Frachtkosten seien "nicht auszuschließen".

Wie es weitergeht, würden die kommenden ein bis zwei Wochen zeigen. Unsicher ist nicht nur das weitere Vorgehen der Huthi-Rebellen; auch der niedrige Wasserstand im Panamakanal sorgt weiter für Anspannung. (Nicolas Dworak, 18.12.2023)