Der Eingang zur Signa-Zentrale in der Wiener Innenstadt
Ob Beteiligungen, Berater- oder Mietverträge: Alles, was nicht betriebsnotwendig ist, hat keine Zukunft mehr bei Signa.
Reuters/Lisa Leutner

Kein Stein wird in der Signa-Gruppe auf dem anderen bleiben – das ist schon jetzt klar. Der Sanierungsverwalter der insolventen Signa Holding hat ja am Dienstag erstmals den Gläubigern vom Status quo berichtet – und auch schon erste Schritte gesetzt. Der Teilbetrieb namens "Repräsentation/Akquise", zu dem etwa Jagden, Flieger, Sicherheit und Eventmanagement gehören, ist bereits geschlossen, die Mitarbeiter sind gekündigt. Weitere tiefe Einschnitte folgen. Alles, was nicht zum Kerngeschäft der Immobilienentwicklung gehört, soll verwertet werden, auch die Medienbeteiligungen.

Allerdings geht es dabei nicht nur um Vermögenswerte wie Medienbeteiligungen, Flieger oder die Signa-Beteiligung (50,1 Prozent) am Chrysler-Building und an zwei weiteren Gebäuden in New York. Sondern auch um Verträge, die der Sanierungsverwalter kündigen will, vorausgesetzt Gericht und Gläubigerausschuss stimmen zu.

Gusenbauers Verträge

Das trifft auch den früheren Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), der Sitz und Stimme im Signa-Beirat hat und als Aufsichtsratschef der Kerngesellschaften Signa Prime und Signa Development fungiert. Der Beiratsvertrag mit Gusenbauer persönlich soll ebenso gekündigt werden wie ein Vertrag mit der Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung GmbH, die zur Gänze dem Ex-Politiker gehört und laut Firmen-Compass 0,15 Prozent an der Signa Development hält.

Auch eine Kooperation mit der Mediengruppe Österreich steht vor dem Aus – und zwei Sponsoringverträge: jener mit den Tiroler Festspielen Erl (1,4 Millionen Euro im Jahr) und jener mit dem Bank-Austria-Kunstforum (2,5 Millionen im Jahr). In die Infrastruktur der Festspiele Erl hat deren Präsident und Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner rund 80 Millionen Euro investiert; das Kunstforum ist in jenem Signa-Gebäude auf der Freyung in Wien untergebracht, in dem auch der Verfassungsgerichtshof seinen Sitz hat. Wobei der Sanierungsverwalter festhält, dass jeder Einzelne dieser Verträge auf dessen Notwendigkeit und eine etwaige Kündigung auf finanzielle Folgen für die Signa abgeklopft werden.

Araber klagen 713 Millionen Euro ein

Stichwort Haselsteiner und Investoren: Mubadala, konkret drei Gesellschaften des Staatsfonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, liegen sich mit Signa und René Benko in den Haaren, auch das hat der Sanierungsverwalter den Gläubigern berichtet. Die Araber haben Anfang Dezember eine Schiedsklage eingereicht und fordern 713 Millionen Euro von Signa-Gesellschaften und Benko persönlich. Sie behaupten, Signa habe Finanzierungsvereinbarungen verletzt. Wie berichtet, ist Mubadala indirekt auch an Signa Sports beteiligt. Auch Investoren aus Luxemburg haben eine Schiedsklage eingebracht, da geht es um knapp 300 Millionen Euro.

Vergleichsweise wenig – rund 15 Millionen Euro – hat ein früheres Beiratsmitglied eingeklagt. Der Brite argumentiert, Signa schulde ihm ein Vermittlungshonorar; Signa soll die Höhe der Forderung bestreiten.

Wie viel die Fortführung der Signa Holding, an deren Ende in zwei Jahren eine 30-Prozent-Quote* für die Gläubiger herausschauen soll, tatsächlich noch kosten wird, das steht derzeit noch in den Sternen. Möglich war die Fortführung laut dem Bericht überhaupt nur, weil Benko für Dezember 1,145 Millionen Euro eingeschossen hat, weitere 1,855 Millionen sagte er zu, sie sind jederzeit abrufbar. Aber auch diese insgesamt drei Millionen werden nicht reichen angesichts "des Umfangs und der Komplexität des Verfahrens". Sollte auch von Signa-Töchtern geschuldetes Geld für Büroimmobilien nicht eintreibbar sein, müsse die externe Finanzierung erhöht werden, heißt es in dem Bericht.

Signa-Bauträger BAI insolvent

Wobei nicht nur die Signa-Gruppe ein undurchdringlicher Dschungel sein dürfte, sondern auch ihre Finanzierungsstruktur. Selbige sei besonders vielschichtig: Der Sanierungsverwalter verweist auf eine Vielzahl von Finanzierungsebenen mit unterschiedlichen Finanzinstrumenten, die wiederum gesellschaftsübergreifend mit Optionsvereinbarungen und Haftungszusagen strukturiert seien. Man solle daher ein gruppenübergreifendes Lenkungsgremium schaffen. Denn: Weitere Sanierungsverfahren "werden kurzfristig erwartet". Gerüchtehalber soll der Insolvenzantrag der Signa Prime schon fertig sein; man warte aber noch auf Verkaufserlöse, um die Fortführung der Prime darstellen zu können. Aus Signa-Richtung wird das dementiert.

Am späten Mittwochnachmittag wurde dann bekannt, dass die Signa-eigene Bauträgergesellschaft BAI Insolvenz angemeldet hat. Laut eigenen Angaben ist die BAI, die Signa Development 2017 übernommen hatte, einer der größten Bauträger Österreichs.

Verkaufsgespräche für Goldenes Quartier 

Bestritten wird dort wie berichtet auch, dass das Goldene Quartier in der Wiener City verkauft werden soll. Dem STANDARD liegen aber andere Informationen vor. Demnach hat eine österreichisch-türkisch-arabische Gruppe ihr Kaufinteresse deponiert, sie will bisherige Mieter auskaufen und ein Kompetenzzentrum für Schmuck, Gold und Diamanten plus Hotel im Goldenen Quartier einrichten. Vonseiten des Signa-Managements wurde den Interessenten bestätigt, dass man überlege, das Goldene Quartier zu verkaufen, und es bereits weitreichende Verhandlungen gebe. Man werde die Anfrage der Investorengruppe in Evidenz halten. (Renate Graber, 20.12.2023)