Der langjährige ALBUM-Kolumnist Christoph Winder.
Der langjährige ALBUM-Kolumnist Christoph Winder.
privat

Erst eine schlechte Nachricht für alle, die an dieser Kolumne je Gefallen gefunden haben: Sie geht mit dieser Ausgabe zu Ende. Es gibt aber auch eine gute Nachricht für alle, denen sie schon immer ein Dorn im Auge war: Sie geht mit dieser Ausgabe zu Ende. Exakt von Jänner 2009 bis Dezember 2023 war ich im ALBUM als Krisenkolumnist tätig, jetzt gehen die Krisen weiter – und wie! –, die Kolumne aber nicht. Das ist ja auch in Ordnung. Nach fünfzehn Jahren kann man es einmal gut sein lassen und sich schreiberisch anderen Formaten zuwenden.

Es war für mich ein Privileg, für diese Zeitung Woche für Woche dieses Geviert befüllen zu dürfen. Als Kolumnist genießt man große Freiheiten und ist so lose ans Gängelband der Aktualität angebunden, dass man die Aktualität einfach Aktualität bleiben lässt, wenn sie gerade nichts hergibt. Stattdessen kann man sich an Themen heranwagen, die üblicherweise journalistisch stiefmütterlich behandelt werden: Schreibfehler in Tätowierungen, Scherereien von Schamhaarcoiffeuren, Probleme mit Katern, die ihre Kratzbäume links liegen lassen, sowie die alljährliche Keksplage im Dezember (wurde alles hierorts durchdacht). Dinge des Lebens eben, mit denen man es im Fluss der Zeit zu tun bekommt. Immer öfter rief auch die Politik danach, verarztet zu werden, wenn sich überlebensgroße Figuren wie Herbert Kickl, Sebastian Kurz oder Thomas Schmid in den Vordergrund drängten.

Mikromoralischen Interventionen

Dass sich in diesen 15 Jahren in der Wahrnehmung satirischer Texte einiges geändert hat, wurde mir klar, als mir vor einiger Zeit ein veritabler Universitätsrektor barsch die Leviten las, weil ich es gewagt hatte, einen Scherz über die Phrase von der "Sichtbarkeit der Frauen" zu machen. Ich halte es für merkwürdig, wenn selbst Spitzenakademiker ihre Aufgabe darin sehen, mit mikromoralischen Interventionen die Artikulationsräume anderer Leute zu verkleinern. Keine gute Entwicklung.

Im Rückblick würde ich mein Stil-Ideal so definieren: sinnlich zu schreiben und milde Sarkasmen mit gelegentlich obszönen Einsprengseln harmonisch zu kombinieren. Hoffentlich ist es mir gelungen. Auch an der Unterscheidung von "dass" und "das", einer Minderheitenposition in diesen Tagen, lag mir sehr. Ich bedanke mich bei der werten Leserschaft für ihre Treue und wünsche allen ein gutes neues Jahr 2024. (Christoph Winder, 29.12.2023)