Wien – Der Ton zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Privaten wird rauer: In einer Aussendung wehrt sich am Freitag ORF-Generaldirektor Roland Weißmann gegen die Vorwürfe des Verlegerverbands VÖZ (Verband Österreichischer Zeitungen), dass das ORF-Gesetz eine "Mogelpackung" sei, weil der ORF auf seiner "blauen Seite" ORF.at mehr als 350 Meldungen pro Woche veröffentlichen dürfe. Bei "Heute.at" war am Donnerstag von Tricks die Rede, die der ORF anwende, und dass er damit die Regeln des neuen ORF-Gesetzes umgehen könne.

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann sieht wegen der Vorwürfe bezüglich der Neuaufstellung von ORF.at eine Grenze erreicht.
APA/EVA MANHART

„Ein gesunder Konkurrenzkampf ist das eine, die Unterstellung, unlauter vorzugehen, das andere. Dann ist die Grenze dessen, was man sich gefallen lassen muss, erreicht", so Weißmann. Und: "Wir scheuen uns daher auch nicht davor, den Klagsweg zu bestreiten, sollten weiterhin kreditschädigende Anschuldigungen erhoben werden."

Streit um 350 Meldungen pro Woche

Stein des Anstoßes ist der bereits seit längerer Zeit schwelende Konflikt zwischen den Privaten und dem ORF um die Dimensionierung von ORF.at, der größten Nachrichtenseite des Landes. Laut dem am 1. Jänner 2024 in Kraft getretenen ORF-Gesetz wurde – nicht zuletzt auf Betreiben des Verlegerverbands VÖZ – die Textmeldungsanzahl auf ORF.at auf 350 pro Woche limitiert. 70 Prozent der Beiträge auf ORF.at müssen jetzt Videobeiträge sein. Links auf Unterseiten wie sport.orf.at, wien.orf.at, science.orf.at oder topos.orf.at sind allerdings nicht vom Limit für ORF.at erfasst, was wiederum den Verlegerverband erzürnt. Nur bei den Unterseiten der Bundesländer existiert bereits seit dem Jahr 2010 eine Beschränkung von 80 Meldungen pro Woche.

VÖZ sieht "Mogelpackung"

Gerald Grünberger, Geschäftsführer des VÖZ, meinte am Donnerstag gegenüber der APA, dass die seit 2010 gesetzlich verwehrte "Zeitungsähnlichkeit" des Digitalangebots ORF.at nach wie vor bestehe. Und weiter: Das ORF-Gesetz sei eine "Mogelpackung", weil es die Vermengung von Überblicksberichterstattung und anderen Onlineaufträgen des ORF auf der "blauen Seite" zulasse und mehr als 350 Textmeldungen pro Woche ermögliche. Grünberger brachte auch die Medienbehörde KommAustria ins Spiel, die prüfen solle, ob die Vorgehensweise des ORF gesetzeskonform sei. Er plädiert für "wesentlich umfassendere Beschränkungen".

Weißmann: Berichte mit "Eigentümerinteressen"

Weißmann hält in der Aussendung entgegen, dass die "Neuaufstellung von ORF.at in allen Belangen den gesetzlichen Vorgaben" entspreche. Sie sei "gleichzeitig jenen Millionen Userinnen und Usern verpflichtet, die von einem 'ORF für alle' zu Recht verlangen, weiterhin bestmöglich informiert zu werden", so der ORF-Generaldirektor: "Leider werden im Rahmen dieser Kampagne gegen den Online-Auftritt des ORF wie schon in den vergangenen Monaten Berichterstattung mit Eigentümerinteressen vermischt."

Rechtliche Schritte hat der ORF erst kürzlich der "Presse" angedroht, weil das Medium gegen den ORF den Vorwurf des "Schwindels" in einem Bericht über Gaza erhob – der STANDARD berichtete. (omark, 5.1.2024)