Sie haben es in der Villa am Lehnitzsee gesagt, und wir haben es von FPÖ-Chef Herbert Kickl in der "ZiB 2" am Mittwochabend gehört: Die Rechtsextremen wollen unsere Gesellschaft radikal nach ihren Vorstellungen umgestalten. Dabei soll alles nach demokratischen Spielregeln ablaufen. Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner sprach von "maßgeschneiderten Gesetzen". Herbert Kickl erklärte in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, dass er "eine Rechtslage herstellen" will, um österreichischen Staatsbürgern die Staatsbürgerschaft auch wieder zu entziehen. Die gesetzlichen Anpassungen sollen dazu dienen, jene Menschen mit Migrationshintergrund, die nach der Ansicht der Rechten und Rechtsextremen nicht assimiliert sind, straffällig geworden sind oder "unsere Werte nicht vertreten", außer Landes zu schaffen.

Herbert Kickl erklärte in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, dass er
Herbert Kickl erklärte in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, dass er "eine Rechtslage herstellen" will, aufgrund derer österreichischen Staatsbürgern die Staatsbürgerschaft auch wieder entzogen werden kann.
www.corn.at Heribert CORN

Das Konzept der Remigration ist unter den neuen Rechten in Europa schon lange bekannt und meint die Abschiebung von Migranten in ihre Herkunftsländer, bis hin zu Massendeportationen. Parteien wie die AfD oder die FPÖ haben sie längst in ihre Parteiprogramme aufgenommen. Von der demokratischen Mehrheit wurden diese Ideen bisher belächelt, als leeres Gerede hetzender Populisten abgetan oder nüchtern als nicht umsetzbar analysiert. Das war und bleibt ein Fehler. Wie nachhaltig Gesellschaften beschädigt werden, wenn rechtsradikale Populisten an die Macht kommen, sehen wir in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Die rechtskonservative PiS trat vor knapp 20 Jahren in Polen an, und versprach eine Verschärfung des Strafgesetzes und eine Bekämpfung der Korruption. Sie heftete sich EU-Skepsis an die Fahne, beschnitt die Rechte der Frauen und Homosexuellen, erklärte politische Gegner zur Volksfeinden, baute das Justizsystem und die Medienlandschaft um.

EU als Feind

Das gleiche Drehbuch verfolgte Orbán in Ungarn. Reformen und Gesetzesänderungen, die in Polen und Ungarn gegen EU-Recht verstießen, und die darauffolgenden Drohungen und Klagen der EU-Kommission nutzten die Populisten wiederum für das Aufrechterhalten des Opfernarrativs: unser nationales Recht, unsere Selbstbestimmung gegen "die da oben in Brüssel". Diese Szenarien wiederholten sich unzählige Male. Währenddessen wurde es für Minderheiten, Frauen, politische Gegner und Journalistinnen mitten in Europa immer ungemütlicher.

Lockmittel

Zu glauben, dass uns in Österreich nicht das gleiche Szenario mit der FPÖ in der Regierung erwartet, ist naiv. Der einzige Unterschied zu unseren Nachbarn ist, dass die FPÖ ein hervorragendes Feindbild hat, mit dessen Anrufung man über die tendenziell fremdenfeindliche Kernwählerschaft hinaus schnell Menschen mobilisieren kann. "Abschiebung aller, die sich nicht anpassen" ist keine populistische Botschaft, mit der man in Österreich Wähler abschrecken kann. Im Gegenteil, es ist ein Wahlversprechen, mit dem man viele anlocken kann.

Die FPÖ tut alles dafür, dass Migration mit Sicherheitsthemen vermischt und Integration immer als Assimilation verstanden wird. Für diese Probleme hat sie auch stets eine einfache Lösung geboten: weniger Migranten. Wie sie das umsetzen will, ist nun klar. Es ist ebenso klar, dass es nicht dabei bleiben wird. (Olivera Stajić, 11.1.2024)