Die Wahl des perfekten Esstischs oder des gemütlichsten Sofas ist noch die leichteste Entscheidung bei einem Umzug. Die fundamentalste: Wie will ich eigentlich wohnen – und kann ich mir das leisten? In Zeiten strenger Kreditvergaberegeln, immer noch sehr hoher Immobilienpreise und steigender Mieten lautet die Antwort auf die letzte Frage immer öfter: eigentlich nicht.

Ein Umzug kostet Zeit und Geld - und will daher zweimal überlegt werden.
Ein Umzug kostet Zeit und Geld - und will daher zweimal überlegt werden.
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Und weil auch gerade die Unsicherheit am Wohnungsmarkt hoch ist, das Angebot am Mietwohnungsmarkt knapp und ohnehin niemand so recht sagen kann, wohin sich die Preise wirklich entwickeln, vertagen viele Menschen das Packen der Kisten auf einen späteren Zeitpunkt. Wer nicht umziehen muss, tut das derzeit auch nicht.

Sehr geringe Fluktuation

So gibt es etwa beim gemeinnützigen Bauträger Salzburg Wohnbau aktuell "so wenige Mieterwechsel und Delogierungen wie seit 25 Jahren nicht", berichtet Geschäftsführer Christian Struber. "Niemand will zum jetzigen Zeitpunkt die Wohnung aufgeben und eine andere suchen." Auch aus der Sozialbau-Gruppe ist zu hören, dass die dort ohnehin sehr niedrige Fluktuationsrate von fünf Prozent gerade nochmals "leicht rückläufig" ist.

Das betrifft natürlich auch jene, die mit Wohnungswechseln ihr Brot verdienen: "Unsere Umzugsunternehmen merken derzeit leider einen deutlichen Rückgang der Nachfrage aufgrund der aktuellen Lage am Immobilienmarkt", berichtet Katarina Pokorny, Obfrau der Fachgruppe Kleintransporteure in der Wirtschaftskammer Wien. Etwa seit September des Vorjahres sei das so.

Zum Erliegen kommen Umzüge freilich nie. Das ist schon allein der hohen Anzahl an befristeten Mietverträgen zu verdanken, die in den vergangenen Jahren überhandgenommen haben. Rund um Weihnachten und Silvester wird zudem traditionell weniger umgezogen, heißt es auf Nachfrage beim Umzugsunternehmen Ants Trans. Was man dort außerdem bemerkt: Die Menschen schauen mehr aufs Geld, teilen im Zweifel Freunde und Familie zum Möbelschleppen ein – und ziehen oft nicht in die Traumwohnung, sondern in eine günstigere Wohnung, um Geld zu sparen.

Umziehen oder noch warten?

Nach einem Social-Media-Aufruf des STANDARDhat sich etwa eine Leserin gemeldet, die sich im Herbst bereits von 105 auf 80 Quadratmeter verkleinert hat und sich in der neuen Wohnung in Oberösterreich nun 450 Euro an Wohnkosten spart. Die Sache hat aber einen Haken: "Es passt leider einiges nicht", sagt sie und meint damit Zug- und Straßenlärm und ein Schimmelproblem. Zwischenzeitlich hat sie daher schon wieder nach einer neuen Wohnung gesucht, in ihrer Preiskategorie und mit Garten wurde sie aber nicht fündig. Nun wartet sie ab – und hofft auf eine Lösung ihres Schimmelproblems.

Aber auch ein Umzug löst nicht alle Probleme. Denn ein solcher bedeutet viel Aufwand, nicht zuletzt auch finanziell, wie ein weiterer Leser berichtet.Für seine Genossenschaftswohnung zahle er mittlerweile 1000 Euro pro Monat, was gut die Hälfte seines Gehalts ausmache. "Ich überlege, ob ich umziehen oder noch warten soll."

Einfluss auf Familienplanung

Einer Salzburger Mieterin ergeht es ähnlich. 2020 betrug die Miete in ihrer zentralen Wohnung noch rund 1400 Euro, nach der Verlängerung des Mietvertrags soll die Miete nun jährlich um 100 Euro steigen und ab Oktober 2026 sogar 1800 Euro betragen. "Wir fragen uns langsam, wo das hinführen soll", berichtet sie. Der Haken: Günstigere Alternativen sind in Salzburg schwer zu finden. "Wir überlegen schon, ob diese Preise nicht auch unsere Familienplanung beeinflussen." Ähnliches berichten auch andere Leser, die Vollzeit arbeiten und dennoch nicht wissen, ob eine größere Wohnung für die geplante Familie jemals erschwinglich sein wird.

Auf niedrigere Mietpreise zu warten dürfte jedoch schwierig werden. Martina Hirsch, Geschäftsführerin des Maklerhauses s Real, bezeichnet vor allem den Salzburger Wohnungsmarkt als sehr angespannt. "Dort ist der Druck sicher am größten, viele müssen aus Kostengründen mittlerweile aus der Stadt ziehen."

Generell verschiebe sich gerade "der ganze Druck aus dem Eigentumsmarkt in den Mietmarkt". Freifinanzierte Mietwohnungen in Nachkriegsbauten, die vom Mietpreisdeckel der Regierung nicht umfasst sind, werden heuer ziemlich sicher spürbar teurer werden. Das prognostizieren sämtliche Maklerhäuser, so auch das Franchise-Netzwerk Remax, wo man dies kürzlich auch mit Zahlen untermauerte. Der hauseigene Prognoseindex zeigt für Mietwohnungen einen starken Nachfrageüberhang. Zwar dürfte auch das Angebot heuer steigen, allerdings nicht ausreichend.

Leistbare Wohnungen fehlen

Ein Grund für die Misere vieler Mieterinnen und Mieter ist, dass passende leistbare Wohnungen knapp sind – und in den nächsten Jahren noch einmal knapper werden dürften, weil viele Baustarts verschoben wurden. Das führt zu weniger Kündigungen und daher auch zu weniger Umzügen, wie auch Karina Schunker, Wohnimmobilienexpertin bei EHL Immobilien, bestätigt.

Und dort, wo umgezogen werde, gebe es derzeit mitunter sogar "nahtlose Mietübergänge": Der eine Mieter zieht aus und die nächste schon wieder ein. Das heißt aber auch: Wer jetzt doch umziehen will, muss schnell sein, wenn die ideale Mietwohnung gefunden ist.

Herausfordernd ist die Lage auch am Markt für Eigentumswohnungen. Dort gebe es zwar aktuell ein größeres Angebot – allerdings sind Käuferinnen und Käufer zurückhaltend, weil es schwer ist, an einen Kredit zu kommen und viele auf ein baldiges Sinken der Zinsen hoffen. Das führe mitunter sogar dazu, dass trotz vorliegender Finanzierungszusage ein Rückzieher gemacht werde, "weil sich vielleicht ja doch noch etwas bei den Zinsen oder bei den Preisen tut", sagt Schunker. Die Zinserhöhungen dürften nämlich vorbei sein, es könnte vielmehr an dieser Front schon bald wieder den einen oder anderen Schritt nach unten geben, was Kredite günstiger macht.

Größere Wohnungen

Bei gebrauchten Eigentumswohnungen hätten sich die Vorstellungen der Verkäuferinnen und Verkäufer jenen der Interessenten mittlerweile ziemlich angenähert, sagt s-Real-Chefin Hirsch. Aber im Neubau-/Erstbezugssegment "steht" der Markt. "Es gibt hier einen geringeren Handlungsspielraum der Bauträger, denn sie haben Grundstücke zu höchsten Preisen eingekauft und mussten zuletzt sehr hohe Baukosten zahlen."

Zudem sei der Anlegermarkt weggebrochen. "Der Durchschnittspreis für eine Wiener Neubauwohnung liegt aktuell bei 7800 Euro je Quadratmeter, und da sprechen wir von mehreren Tausend Wohnungen, die am Markt sind."

Hirsch empfiehlt Bauträgern, wieder größere Wohnungen zu bauen. "Zweizimmerwohnungen gibt’s in Wien in Hülle und Fülle", die absorbiere der Markt gerade. "Drei- und Vierzimmerwohnungen fehlen, und sie werden momentan auch noch nicht priorisiert bei den Bauträgern." Eine Vierzimmerwohnung zu bauen sei für diese nämlich immer noch ein größeres Risiko, als zwei Zweizimmerwohnungen, weil diese schneller weggehen.

Neubauten sind sehr teuer

Vermieten statt verkaufen wäre wohl für manche Bauträger eine Option. "Aber das muss man sich als Bauträger auch erst einmal leisten können", sagt Hirsch. Dafür brauche es frisches Eigenkapital. Und natürlich wäre auch die Miete solcher Objekte hoch.

Alles also nicht so einfach. "Will ich arm wegen einer neuen Wohnung sein, die mir besser gefällt?", schreibt eine Userin. "Oder halte ich es in der zu kleinen Wohnung noch ein, zwei Jahre aus, damit ich nicht ‚house poor‘ bin, wenn ich umziehe?"

Eine Garantie dafür, dass es in ein oder zwei Jahren besser laufe, gebe es natürlich nicht. "Nur die Hoffnung, dass es vielleicht doch eine Perspektive auf einen besseren Wohnraum gibt." (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 14.1.2024)