Polaschek
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) stellte am Dienstag mit der grünen Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger geplante Änderungen bei den Hochschulen vor.
IMAGO/Andreas Stroh

Der zähe türkis-grüne Zwist um die Reform der Lehrerausbildung hat auch zahlreiche andere Regierungsprojekte für die Hochschulen blockiert. Vergangene Woche konnten die Koalitionsparteien dann aber endlich ihre Einigung zum künftigen Bildungsweg der angehenden Pädagoginnen und Pädagogen verkünden: Kernstück ist eine Verkürzung des Lehramtsstudiums für die Sekundarstufe (Mittelschule, AHS,BMHS) von derzeit sechs auf fünf Jahre bis zum Masterabschluss – und damit eine Angleichung an die üblichen Studiendauern. Zudem soll das Studium näher an der Praxis sein und das berufsbegleitende Absolvieren von Uni-Veranstaltungen für jene Lehrkräfte erleichtert werden, die schon in der Schulklasse stehen – der STANDARD hat berichtet.

Das Gesetzespaket ist bis Ende Februar in Begutachtung und birgt eben auch einige interessante Neuerungen für den akademischen Sektor, die nichts mit der Lehrerausbildung zu tun haben. So darf man sich nicht wundern, wenn so manche heimische Bildungseinrichtung künftig nicht mehr unter dem Namen einer "Fachhochschule" (FH) in Erscheinung tritt, sondern als "Hochschule für Angewandte Wissenschaften". Für die Ermöglichung dieser Wortwahl hat der FH-Sektor schon seit längerem lobbyiert, zumal auf internationaler Ebene oft von "Universities of Applied Sciences" die Rede ist.

Der drängenderen Forderung der Fachhochschulen nach einer Befugnis zum Angebot von Doktoratsstudien will Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) hingegen weiterhin nicht nachgeben, wie er am Dienstag bei einem Pressgespräch deutlich machte – das Promotionsrecht bleibt somit eine exklusive Kompetenz der Universitäten.

BEng und MEng mit Klammern

Auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden sich wohl an neue Begriffe in Lebensläufen gewöhnen müssen. Im Bereich der kostenpflichtigen berufsbegleitenden Weiterbildungslehrgänge – an den Hochschulen gelten diese als außerordentliche Studien – wird eine zusätzliche Kategorie von Titeln in naturwissenschaftlichen, informatischen und technischen Disziplinen eingeführt: Die Absolventinnen sollen sich künftig mit den Graden "Bachelor of Engineering (Continuing Education)" und "Master of Engineering (Continuing Education)" schmücken dürfen. Mehr oder weniger elegant abgekürzt: "BEng (CE)" und "MEng (CE)".

Mit der Novelle sollen auch Kooperationen zwischen verschiedenen Typen von Hochschulen erleichtert werden. Demnach könnten etwa öffentliche Unis und Privatunis sogenannte "interhochschulische Organisationseinheiten" gründen und dann gemeinsam betreiben. Das ist insofern heikel, als dadurch Geld des Bundes, das eigentlich nur für öffentliche Unis gedacht ist, indirekt auch den privaten Unis zugutekommt, die an der Kooperation beteiligt sind. Das widerspricht dem bisher gesetzlich strikt verankerten Grundsatz, wonach der Bund Privatunis nicht finanzieren darf: Nun soll dieses Verbot bei den interhochschulischen Einheiten laut Gesetzesentwurf explizit ausgehebelt werden.

Mehr Regeln für Privatunis

Auf die Privatunis kommen allerdings auch Verschärfungen bei Transparenz und Qualitätssicherung zu. Wie die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger erklärte, sei das eine Reaktion auf "die Probleme, die sich mit der Sigmund-Freud-Universität ergeben haben". Zur Erinnerung: Die staatliche Akkreditierungsbehörde AQ Austria hat der Wiener Privatuni Ende 2022 wegen Qualitätsmängeln die Zulassung für das Medizinmasterstudium entzogen, das Bundesverwaltungsgericht hat den Bescheid aufgrund eher formaler Kriterien aufgehoben, sodass nun wieder die Behörde prüfen muss. An der Kremser Danube Private University liegt übrigens ebenfalls noch kein rechtskräftiger Entscheid zur Zukunft des Medizinmasters vor, obwohl die AQ Austria diese bereits vor mehr zwei Jahren negativ beurteilt hat. Für Studierende sind dermaßen lange Phasen der Unsicherheit belastend: Künftig dürfte eine Uni laut Novelle ab dem Zeitpunkt eines negativen Bescheids im betreffenden Studiengang keine neuen Studierenden mehr aufnehmen.

Für Blimlinger besteht eine weitere Lehre aus der Causa Freud-Uni darin, dass Funktionen an Privatunis strikter getrennt gehören. An der Freud-Uni fungiert ja der akademisch zuständige Rektor Alfred Pritz seit jeher zugleich als wirtschaftlicher Eigentümer der Hochschule – künftig soll im Gesetz hingegen vorgesehen sein, dass solche personellen Verflechtungen zwischen Bildungseinrichtung und Trägergesellschaft nicht mehr zulässig sind.

Neuerungen zu Plagiaten, Folgen ungewiss

Einen zunächst umfangreich daherkommenden Teil des hochschulischen Gesetzespakets bilden Änderungen im Bereich der wissenschaftlichen Integrität und der Verstöße dagegen – Stichwort Plagiate, Ghostwriting und Datenfälschung. Bis dato herrschten hier in verschiedenen Gesetzen verschiedene Terminologien vor, deren Verhältnis zueinander mitunter schwierig bis gar nicht zu durchschauen war. Nun sollen die zentralen Begriffe à la "Plagiat" in das übergreifende Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz verfrachtet werden und einheitlich für den gesamten Hochschulsektor von öffentlicher Uni über Pädagogische Hochschulen und Privatunis bis zu Fachhochschulen gelten.

Dass diese Verschiebungen den Umgang der Hochschulen mit konkreten Fällen von akademischem Fehlverhalten revolutionieren wird, scheint vorerst aber zweifelhaft. So findet sich im Gesetz etwa keine Vorgabe, wonach Hochschulen die schriftlichen Arbeiten von Studierenden automatisch mit einer Plagiatssoftware kontrollieren müssen. Die konkreten Maßnahmen zur Sicherung der wissenschaftlichen Integrität dürfen und müssen nämlich die einzelnen Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie erst wieder selbst festlegen. (Theo Anders, 16.1.2024)