Es ist schon ungewöhnlich, dass ein israelischer Premier einem US-Außenminister so ins Gesicht fährt, wie es Benjamin Netanjahu getan hat, als er Antony Blinkens Aufruf zu einer Zweistaatenlösung unwirsch zurückwies.

Lehnt eine Zweistaatenlösung ab: der israelische Premier Benjamin Netanjahu.
IMAGO/UPI Photo

Dass er sich das inmitten eines Krieges traut, in dem Israel so stark von der Unterstützung der USA abhängig ist, hat mehrere Gründe: Netanjahu hält damit seine rechtsextremen Koalitionspartner bei der Stange, ohne die er nicht regieren kann. Er trifft damit die Stimmung in Israels Bevölkerung, in der viele nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober jede Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern verloren haben. Und es entspricht seinen eigenen Überzeugungen: Einen Palästinenserstaat zu verhindern sieht der Langzeitpremier als sein zentrales Vermächtnis.

Tatsächlich kann sich derzeit kaum jemand in Israel vorstellen, die militärische Kontrolle über das Westjordanland in absehbarer Zeit aufzugeben. Aber vielleicht gewinnt im Laufe dieses Jahres doch die von Blinken verfochtene Ansicht an Boden, dass es ohne Frieden auch keine nachhaltige Sicherheit für Israelis geben kann. Und für einen Frieden brauchen die Palästinenser einen eigenen Staat.

Dies muss, ja kann nicht auf einen Schlag geschehen; notwendig ist ein Prozess, der diesmal besser hält als in den 1990er-Jahren. Aber die Chance darauf – das ist nun klar – wird sich erst eröffnen, wenn Netanjahu nicht mehr im Amt ist. (Eric Frey, 19.1.2024)