Euro-Geldscheine
Die ÖVP will unter anderem die Lohnsteuer von 20 auf 15 Prozent senken.
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Man kann es sich leicht machen und die Vorschläge der ÖVP für breite Entlastungen als PR-Show abtun. Am Freitag wird Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wels eine Grundsatzrede halten und – so viel hat die Volkspartei schon durchsickern lassen – dabei auf umfassende Entlastungen pochen. Den Menschen soll mehr Netto vom Brutto bleiben, so sieht es der "Österreich-Plan" des Kanzlers vor. Der Einwand, warum das der ÖVP erst jetzt, im anbrechenden Wahlkampf, einfällt, drängt sich auf. Aber die ÖVP regiert nicht allein, eine Steuersenkung, wie Nehammer sie will, war mit den Grünen nicht machbar, dazu kam die Pandemie.

Es ergibt also durchaus Sinn, wenn die Kanzlerpartei erklärt, wohin die Reise mit ihr gehen soll, die Vorschläge sollten ernst genommen werden. Konkret will die ÖVP die erste Stufe bei der Lohnsteuer von 20 auf 15 Prozent senken und Lohnnebenkosten reduzieren. So soll die Abgabenquote auf unter 40 Prozent (gemessen an der Wirtschaftsleistung) gedrückt werden.

Aus ökonomischer Sicht spricht nichts gegen die Vorschläge. Weniger Steuern und Abgaben können dazu führen, dass mehr Jobs angeboten und nachgefragt werden. Wer gewinnt, ist klar: Von der Lohnsteuersenkung profitieren alle Steuerzahler, tendenziell eher jene, die mehr Steuern berappen. Auch für Unternehmer wird etwas übrig bleiben, weil es unwahrscheinlich ist, dass sie die sinkenden Abgaben 1:1 an ihre Beschäftigten weitergeben. Sie und die obere Mittelschicht würden gewinnen. Ob das so sein soll, ist eine politische Frage, die von den Wählerinnen und Wählern zu entscheiden ist.

Wifo-Studie nährt Zweifel

Keine politische Frage ist allerdings die Beherrschung der Grundrechenarten. Und hier drängen sich Zweifel auf. Zusammengenommen bedeuten die lancierten Entlastungen, dass dem Staat jährlich Einnahmen von rund sechs Milliarden Euro entgehen. Das Problem ist, dass die budgetären Spielräume in den kommenden Jahren kleiner werden. Das Forschungsinstitut Wifo hat im Auftrag des ÖVP-geführten Finanzministeriums berechnet, wie sich die heimische Budgetsituation entwickeln wird. Da zeigt sich: Die Ausgaben für Pflege, Pensionen und Gesundheitsversorgung steigen an. Der Schuldenstand legt zu, von aktuell 70 auf über 120 Prozent bis 2060. Zur Erinnerung: In der Eurozone sind 60 Prozent angepeilt.

Schon ohne neue Entlastungen wird es eng beim Budget. Wo will die ÖVP das Geld für diese hernehmen? Man könnte andere Steuern erhöhen oder das Pensionsantrittsalter anheben und Pensionen kürzen. Im Gegensatz zu einer Verwaltungsreform würde das viel Geld bringen. Aber die ÖVP war stets gegen neue Steuern und hat Pensionen nicht gekürzt. Möglich wäre, neue Schulden zu machen. Aber die Kreditkosten sind auch für den Staat gestiegen, das wird sich also schwer ausgehen.

Im Wahlkampf über Inhalte wie Wirtschaftspolitik zu reden ist wichtig. Nur Entlastungen zu versprechen wird sich aber nicht ausgehen. Das ist dann bloß Wahlkampfgetöse. (András Szigetvari, 23.1.2024)