Rund 70.000 Wohneinheiten in Mehrparteienhäusern sowie in Ein- und Zweifamilienhäusern wurden in den beiden Rekordjahren 2017 und 2019 in Österreich jeweils baubewilligt. Zahlen, die nur wenige Jahre später utopisch wirken. Denn ab 2019 gingen die Baubewilligungen im Wohnungsneubau (also ohne Aufstockungen, Umbauten etc.) stark zurück.

Die Baubewilligungen haben sich seit dem Rekordhoch 2017 mehr als halbiert, die Baubranche hat an vielen Fronten zu kämpfen.
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2022 gab es nur noch rund 47.000 Bewilligungen im Neubausegment, 2023 dürften es laut Berechnungen von Branchenradar.com überhaupt nur noch knapp 34.000 gewesen sein. Prognose: weiter sinkend.

Zweckbindung soll wieder kommen

Den dramatischen Einbruch nahmen Vertreter der heimischen Bauwirtschaft am Mittwoch zum Anlass, um vor einer Wohnungsnot einerseits und vor hoher Arbeitslosigkeit im Bausektor andererseits zu warnen. Und, natürlich, um – positiv formuliert – im Rahmen der neu gegründeten Initiative "Mehr Zuhaus’ in Österreich", der 18 Unternehmen und Organisationen aus der Branche angehören, Wege aus der Krise aufzuzeigen: Die Wiedereinführung der Zweckbindung bei den Wohnbaufördermitteln sei dringend nötig, heißt es in einem Forderungspapier, das von Bau-Bundesinnungsmeister Robert Jägersberger, Baumit-Geschäftsführer Georg Bursik, Hagebau-Österreich-Chef Torsten Kreft und Wienerberger-Österreich-Geschäftsführer Johann Marchner präsentiert wurde. Denn seit der Aufhebung der Zweckbindung im Jahr 2008 würde ein Gutteil dieser Mittel für "diverse Landesprojekte" oder die Budgetsanierung der Länder verwendet – und dem Wohnbau deshalb fehlen, beklagte Innungsmeister Jägersberger.

Andererseits fehle dem Bausektor auch viel privates Geld, denn die Preis- und Zinsentwicklung sowie manche weitere Hürde wie die strengen Kreditvergaberegeln würden Investitionen auch hier ausbremsen. Außerdem sieht die Branche "bürokratische Hemmnisse bei Grundstückswidmungen und Bauverfahren", die es abzubauen gelte.

"KIM-VO aufweichen"

Was die strengen Kreditvergaberegeln betrifft ("KIM-Verordnung"), machten die Branchenvertreter auch einen konkreten Vorschlag: Die Schuldendienstquote, also die prozentuelle Obergrenze für die monatliche Kreditrate, sollte von 40 auf 60 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens angehoben werden. Und damit potenzielle Häuslbauer nicht schon an der nötigen Eigenkapitalquote von 20 Prozent scheitern, sollte es ein zinsfreies Darlehen bis zur Höhe der Quote geben. Dies alles sowie auch steuerliche Maßnahmen wie eine Mehrwertsteuerbefreiung beim Erwerb oder der Schaffung neuen Wohnraums bis zu maximal 100.000 Euro je Wohneinheit stehen im Forderungspapier.

Man müsse "vier Gänge raufschalten", sagte Baumit-Chef Bursik, denn Österreich wachse weiter, man benötige wahrscheinlich rund 70.000 neue Wohneinheiten im Jahr. Wohnungsknappheit sei ein sozialpolitisches Problem, außerdem bestehe die Gefahr, dass viele der über 300.000 Beschäftigten im Baubereich in andere Branchen abwandern und nicht wieder zurückkommen könnten, verwies er auf ähnliche Vorgänge in der Gastronomiebranche während der Corona-Pandemie. (Martin Putschögl, 24.1.2024)