Staaten müssen stärker in den Netzausbau investieren, empfiehlt die IEA. Anders könne der steigende Strombedarf kaum gedeckt werden.
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Während die Welt auf emissionsarme Technologien umstellt, steigt auch der Stromverbrauch. Im Schnitt werde dieser in den kommenden drei Jahren um je 3,4 Prozent in die Höhe klettern, erklärt die Internationale Energieagentur (IEA) in einer Analyse. Die Industriestaaten-Organisation mit Sitz in Paris zählt zu den einflussreichsten Ratgebern im Energiebereich, ihre Analysen gelten vielerorts als Leitschnur für Entscheidungen zum Energiesystem.

In ihrem neuen Bericht mahnt sie: Der Netzausbau müsse weltweit beschleunigt werden, ebenso wie der Ausbau der Erneuerbaren. Angetrieben wird die steigende Nachfrage etwa durch den Umstieg auf Elektromobilität und Wärmepumpen. Statt Erdöl und Erdgas brauchen sie zusätzlichen Strom.

Ein Drittel des Stroms in Irland

Zusätzlich steigt auch die Stromnachfrage von Rechenzentren enorm, unter anderem angetrieben durch Entwicklungen in den Bereichen künstlicher Intelligenz und Krypto-Währungen. Bis 2026 könnten diese insgesamt bis zu über 1.000 Terawattstunden benötigen – insgesamt ist das so viel Strom, wie Japan nutzt. Und allein das Plus der kommenden drei Jahre könnte dem gesamten Strombedarfs Deutschlands entsprechen.

Effizienz sei beim Ausbau von Rechenzentren entscheidend, kommentiert dazu Dave Jones vom Thinktank Ember. "Wenn wir sie schlecht bauen, dann werden sie innerhalb von drei Jahren zusätzlich so viel Strom brauchen wie Deutschland", vergleicht er auf X, ehemals Twitter. "Wenn wir es gut machen, dann nur jenen von Schweden."

Weltweit gibt es aktuell über 8.000 Rechenzentren, ein Drittel davon in den USA, 16 Prozent in der EU und knapp zehn Prozent in China. Für die USA erwartet die IEA einen rapiden Zuwachs, bis 2026 könnten sie sechs Prozent des gesamten Strombedarfs des Landes ausmachen. Auch in der EU sind es heute bereits rund vier Prozent des Strombedarfs, der für Rechenleistung genutzt wird. Den stärksten Zuwachs prognostiziert die IEA für Irland: Rechenzentren verbrauchen dort rund 17 Prozent des Stroms, den das Land nutzt– bis 2026 könnte dieser Anteil sogar auf 32 Prozent anwachsen.

Fortschritt, aber ...

Eine weitere Kernbotschaft des neuen Berichts: Bereits im vergangenen Jahr habe die Welt einen Peak des CO2-Ausstoßes für die Stromerzeugung erreicht. Doch in absehbarer Zukunft würden die Emissionen im Stromsektor nun nur langsam sinken – mit einem jährlichen Minus von etwa 1,2 Prozent bis 2026, warnt die Organisation.

Immerhin werde der Zuwachs der Stromnachfrage in den kommenden drei Jahren komplett durch erneuerbare Energie und Atomstrom gedeckt, schreibt die IEA weiter – wobei Wind-, Solar- und Wasserkraft ein Vielfaches von Atommeilern liefern. Schon Anfang 2025 könnten die Erneuerbaren über ein Drittel der Stromproduktion liefern – und damit die Kohleverstromung überholen, so die Organisation. In der EU als auch in den USA würde dieser Trend fossile Brennstoffe zu verdrängen beginnen – begleitet werden müsse dies durch zusätzliche Investitionen in das Stromnetz.

Anfang 2025 sollen die Erneuerbaren die Kohle in der Stromerzeugung überholen, prognostiziert die IEA.
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"Der Stromsektor produziert mehr CO2-Emissionen als jeder andere Bereich der Weltwirtschaft", erklärt IEA-Direktor Fatih Birol. "Daher ist es ermutigend, dass die Erneuerbaren sowie die Kernenergie auf Kurs sind, den Anstieg der Stromnachfrage zu decken."

Insgesamt, betont die IEA, sei eine schnellere Elektrifizierung wichtig – je größer der Teil des Endenergieverbrauchs sei, der durch Strom gedeckt werde, desto einfacher sei es, fossile Energien zu ersetzen.

Atomkraft soll 2025 Rekord brechen

Der Atomkraft schreibt die Organisation eine prominente Rolle zu: Immer wieder erwähnt sie den nuklearen Ausbau in dem Bericht - und verweist etwa auf das Ziel einer Allianz von Staaten, welche die globalen Atomkraftkapazitäten bis 2050 im Vergleich zu 2020 verdreifachen zu will. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn Risiken für den Bau und die Finanzierung im nuklearen Bereich abgebaut werden.

Für die nähere Zukunft sieht die IEA einen Rekord für die Nuklearkraft. 2025 werde sie den bisherigen Produktionsrekord von 2021 brechen. Bis 2026 würden Atomkraftwerke jährlich knapp drei Prozent mehr Energie liefern, so die Prognose. Der wichtigster Treiber für den Zuwachs sei der asiatische Markt. Schon in drei Jahren würden auf den asiatischen Kontinent 30 Prozent der globalen Atomkraft erzeugt werden – damit würde der Kontinent Nordamerika überholen.

Immer mehr aus sauberen Quellen

Auch die Stromnachfrage werde im asiatischen Raum am stärksten wachsen, vor allem in China, Indien sowie in Südostasien, so die Analystinnen und Analysten. Für die USA und die EU sehen sie ein moderateres Plus.

In Europa war die Nachfrage nach Strom in den vergangenen Jahren im Durchschnitt leicht gesunken, wobei einige Regionen ausscherten. So stieg der Verbrauch in Portugal, Kroatien und Zypern sowie auch in Irland, Norwegen und Dänemark – Letztere aufgrund von Zuwächsen von Rechenzentren. Der Trend werde in Zukunft wieder überall in Richtung einer höheren Nachfrage nach Strom gehen, betont die IEA – vor allem aufgrund von einer Erholung der Industrie, der weiteren Elektrifizierung von Verkehr und Heizsystemen und der vermehrten Rechenleistung.

Dennoch würden in der EU bis 2026 im Schnitt bereits mehr als drei Viertel des Stroms durch saubere Quellen gedeckt werden können. Im vergangenen Jahr lag der Anteil noch bei 67 Prozent. (Alicia Prager, 26.1.2024)