Im Friedenspalast in Den Haag wurde am Freitag die mit Spannung erwartete Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs bekannt gegeben. Weder Südafrika noch Israel wurden damit völlig zufriedengestellt.
AP/Patrick Post

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat seine erste Beurteilung der Lage im Gazastreifen abgegeben: Keine der beiden Seiten – Kläger Südafrika und Israel, dem von dort "Genozid" vorgeworfen wird – wird völlig zufriedengestellt. Es gab weder eine Aufforderung zur sofortigen Einstellung der Offensive noch eine Entlastung Israels.

Israel wurden Maßnahmen zur Verhinderung von Handlungen, die die Palästinenser als Gruppe, als Volk treffen, auferlegt – denn solche gebe es offenbar, so der IGH. Der Gerichtshof hat aber auch nicht vergessen, die Hamas zur sofortigen Freilassung der israelischen Geiseln aufzufordern.

Große Mehrheit

Was der IGH sagt, ist verbindlich; Mittel, es durchzusetzen, hat er nicht. Die Triumphschreie der Hamas sind widerlich, die Schmähungen des IGH durch den israelischen Rechtsaußen Itamar Ben-Gvir erwartbar. Das Votum der Richter und Richterinnen war mit meist 15:2 ziemlich einhellig: frappierend, dass sogar Israels Vertreter für mehr humanitäre Hilfe in Gaza und den Stopp der Hetze gegen Palästinenser gestimmt hat.

Jene Staaten, die Israel die Stange halten – auch wenn sie zunehmend auf die Einhaltung von Völkerrecht in den Palästinensergebieten pochen –, werden sich das Urteil genau ansehen. Insofern sollte es Israel nicht völlig vom Tisch wischen. Denn es reflektiert auch die Rechtsmeinung, dass seine Offensive grundsätzlich berechtigt ist. Aber die internationale Unterstützung dafür ist nicht bedingungslos. (Gudrun Harrer, 26.1.2024)