Landwirtschaftlich gewidmet und genutzt und auf absehbare Zeit auch keine Baulandwidmung in Sicht – und trotzdem wurde ein elf Hektar großes Areal in Wien-Essling über diverse Zwischenhändler an gemeinnützige Bauträger verkauft, berichten die "Wiener Zeitung" und der "Falter" am Mittwoch. Liegenschaften mit Preisen zwischen 5,5 Millionen und 16 Millionen Euro wechselten die Besitzer, insgesamt gaben die gemeinnützigen Bauträger Schönere Zukunft, ÖSW und WBV-GFW 47,2 Millionen Euro für elf Hektar aus, was einem Quadratmeterpreis von rund 430 Euro entspricht.

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Laut MA 21 sind auf den Grundstücken keine Umwidmungen geplant.
© Christian Fischer

Ein paar Wochen zuvor waren die Grundstücke allerdings um die Hälfte des Werts Landwirten abgekauft worden. Spekulanten – darunter auch ehemalige Fußballprofis sowie Anwälte und Manager – hatten die Landwirte systematisch abgeklappert und die Verkäufe an eigens gegründete Gesellschaften schließlich in trockene Tücher gebracht, allerdings nur, um sie sofort teurer weiterzuverkaufen. Einer der Geschäftsführer der Firmen, Thomas Gabriel, hat einen Wohnsitz in Dubai und gute Kontakte zu Banken und ÖVP-nahen gemeinnützigen Bauträgern.

"Langfristige Grundstücksreserve"

Die Liegenschaften sind laut den Medienberichten im Agrarstrukturellen Entwicklungsplan der Stadt Wien als landwirtschaftliches Vorranggebiet der Kategorie 1 ausgewiesen, und laut MA 21 sei dort keine Widmung geplant "und auch keine Änderungen vorgesehen".

Man rechne auch gar nicht mit einer baldigen Umwidmung, erklärt dazu Stefan Haertl, einer von zwei Geschäftsführern der Schöneren Zukunft. Dass sie die Grundstücke wenige Wochen zuvor zum halben Preis hätten haben können, wussten sie laut seinen Angaben nicht. "Weder wurden uns die Grundstücke von den Vorbesitzer:innen angeboten, noch sind sie uns bekannt", zitiert die "Wiener Zeitung" ein Statement des Bauträgers. Die Gründe würden als "langfristige Grundstücksreserve" dienen. Nach dem Bau der geplanten Stadtstraße, die die Flächen schneiden würde, erwarte man sich eine gute Anbindung an das Stadtzentrum.

Greenpeace: Heuer werden 4300 Hektar verbaut

Die Umweltorganisation Greenpeace hat am Mittwoch darauf hingewiesen, dass allein 2024 in Österreich rund 4300 Hektar an landwirtschaftlichen Nutzflächen verbaut werden. In Richtung des zuständigen Landwirtschaftsministers Norbert Totschnig (ÖVP) fordert Greenpeace ebenso wie die Grünen, dass endlich eine "ambitionierte" Bodenschutzstrategie inklusive eines Reduktionsziels auf maximal 2,5 Hektar pro Tag bis 2030 beschlossen wird. "Die Verschwendung von wertvollen Agrarböden treibt das Höfesterben an und gefährdet die regionale Lebensmittelproduktion", heißt es in der Greenpeae-Aussendung. Die meisten fruchtbaren Böden werden laut der Umweltorganisation voraussichtlich in Niederösterreich verbaut, nämlich gut 1000 Hektar, gefolgt von Oberösterreich.

Die grüne Bodenschutz-Sprecherin im Nationalrat, Uli Böker, rechnet vor, dass auf einer Fläche von 4300 Hektar genügend Lebensmittel angebaut werden könnten, um 20.000 Menschen ein ganzes Jahr lang zu ernähren. "Der enorme Bodenfraß gefährdet also nicht nur unser ökologisches Gleichgewicht, sondern ist auch fatal für die Landwirtschaft, und langfristig gefährdet er die Ernährungssicherheit in unserem Land." Wenn Österreich so weitermache wie bisher, "bewegen wir uns sehenden Auges vom Acker direkt auf den Abgrund zu“, kommentiert auch die Landwirtschaftssprecherin und Generalsekretärin der Grünen, Olga Voglauer. (red, 31.1.2024)