Mit dem Insolvenzantrag gegen René Benko, mit dem die Finanzprokuratur Steuerschulden des Tiroler Investors eintreiben und Nachschusspflichten betreffend der insolventen Signa sicherstellen möchte, wird es jetzt persönlich für Benko. Die Republik will an sein privates Vermögen heran, damit Verluste für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler minimiert werden und Gläubiger nicht auf der Strecke bleiben.

Signa
Viele Akteure tragen den Schaden davon: kleiner Geschäftspartner von Signa, Handelsangestellte und auch die Republik.
EPA/CHRISTIAN BRUNA

Benkos jahrelange hochriskante Wette, dass niedrige Zinsen und gute Kontakte in die Politik einen dauerhaften unternehmerischen Höhenflug ermöglichen, kollabiert heute auf bittere Weise. Und abseits von Benkos Investoren tragen viele andere Akteure Schaden davon: kleine Geschäftspartner und Dienstleister der Signa, die um ihre Honorare umfallen; Handelsangestellte, die mehr als je zuvor um ihre Jobs bangen; die Republik, bei der Steuerforderungen offen sind.

Kein Wunder, dass sich angesichts dessen die öffentliche Debatte weitgehend um die Person Benko dreht – und mitunter fast so etwas wie Rachegelüste in der Luft liegen. Aber auf eines ist zu verweisen: Nicht Benko allein ist an der Misere schuld. Es ist auch ein Versagen weiter Teile der deutschen und österreichischen Business-Elite, von der kein Mucks zu hören gewesen war, ehe das Konstrukt spektakulär zusammenbrach.

Fast von Anbeginn seiner Karriere fungierte Benko als eine Art Ein-Mann-Investmenthaus für Superreiche aus dem In- und Ausland – und zwar immer mehr, je erfolgreicher er wurde. Dass der Signa-Konzern hochgradig intransparent war, was dubiosen Praktiken potenziell Tür und Tor öffnet? Dass viel Geld der Signa mutmaßlich in privaten Luxus versickerte? Dass mittels bilanzieller Immobilienaufwertungen immer mehr Geld geborgt und das Gebilde weiter aufgeblasen wurde? Dass dieses Spiel nur funktionierte, solange die Zinsen niedrig waren? Manches davon war offensichtlich; anderes hätte sich herausfinden lassen. Allein – es interessierte niemanden, solang Renditen flossen.

Dies gilt umso mehr, weil es sich bei Benkos Investoren weitgehend nicht um Kleinanleger handelte, die man leicht täuschen kann – sondern um Reiche. Sie verfügen über Beraterstäbe und Family-Offices, die imstande sein sollten, Geschäftsberichte zu analysieren und Anlageentscheidungen zu evaluieren. Die Causa Signa als alleiniges Versagen von Benko darzustellen ist zu billig. Viele andere hängen mit drin. (Joseph Gepp, 1.2.2024)