Ich habe Anfang der 1990er-Jahre zeitgleich mit Alexandra Föderl-Schmid und Stefan Weber Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg studiert. Die Journalistin, Vize-Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung und frühere STANDARD-Chefredakteurin Föderl-Schmid lernte ich zwar nicht während des Studiums kennen, durfte aber später bei der einen oder anderen Podiumsdiskussion mit ihr diskutieren. Mit Weber drückte ich ab und an die Bank im Seminarraum. Nicht selten waren wir einer gemeinsamen kritischen Meinung. Dass das erwünschte kritische Denken von damals, Jahrzehnte später in Verbindung mit Worten wie Jagd, Plagiatsfragmenten und Verzweiflungstat in den Medien auftaucht, ist menschlich bedrückend.

Als Hochschulprofessorin, die mittlerweile hunderte Masterarbeiten betreut hat, scheint es mir eine Pflicht, endlich auch fachlich Stellung zu beziehen. Viel zu lange haben wir uns an den Universitäten und Hochschulen unkollegial gegenüber den Betreuenden der geschmähten Arbeiten weggeduckt, um nicht ins Visier des sogenannten Plagiatsjägers zu geraten.

Keine Betrugsabsicht

Das, was Weber als Plagiat anprangert, ist meist nicht mehr als eine Abweichung von seinen (!) wissenschaftlichen Standards. Absatz für Absatz werden in hundertseitigen Arbeiten Mängel gesucht. Mit neuen digitalen Möglichkeiten wird über fast 30 Jahre alte Arbeiten aus dem Vor-Internet-Zeitalter geurteilt. Das Wort "Plagiat" sollte dabei den Eindruck schüren, dass das ganze Werk gestohlen und für das eigene ausgegeben wurde, dass es sich bei der Autorin um eine faule und betrügerische Person handle.

Dabei besteht das Hauptvergehen dann oft darin, dass in der Einleitung der Arbeit eigener Text formuliert wurde. Etwas, was manche Hochschulen sogar verlangen. In anderen Fällen wurde über mehrere Absätze hinweg nur ein Autor zitiert. Das kann man als geistige Aneignung im Sinne eines Plagiats sehen, aber das Vorgehen liegt weit weg von einer Betrugsabsicht.

Buch mit rotem Cover
Nicht hinter jedem Mangel in einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit steckt Betrugsabsicht.
Foto: Getty Images

Es gibt übrigens auch keine Pflicht zur exzellenten Dissertation. Möglicherweise wurden die von Weber angemerkten Mängel ohnehin in einem Gutachten angemerkt und sind in die Beurteilung eingeflossen.

Es ist ein bisschen so, als würde eine Volksschullehrerin die Diktate von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Karl Nehammer oder Vizekanzler Werner Kogler heraussuchen und man stellt fest, dass diese nicht exzellent waren – zumal seitdem eine Rechtschreibreform stattgefunden hat. Wobei ich hier der politischen Hierarchie im Land folgend nur drei männliche Beispiele genannt habe. In der Wahl der Personen scheint Weber eher ein spezielles Faible für die Jagd auf von Frauen verfasste Abschlussarbeiten zu haben. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mehrköpfige Kommission

Ein Lösungsansatz? Es ist an der Zeit, eine offiziell ernannte mehrköpfige Plagiatskommission einzurichten, die Vorwürfe im Mehraugenprinzip prüft, bevor Medien involviert werden. (Silvia Ettl-Huber, 13.2.2024)