US-Präsident Joe Biden spielt mit dem "Dark-Brandon-Meme".
AP/Photo/Carolyn Kaster

Es gibt keine Verschwörungstheorie, die so abwegig wäre, dass sie nicht doch irgendwo geglaubt wird. Die "QAnon"-Theorie entstand in Onlineforen, bevor sie zu einem weiteren Publikum überschwappte, und Pizzagate hält sich bis heute hartnäckig. Vor allem im Wahlkampf in den USA scheinen die absurdesten Behauptungen aktuell auf besonders fruchtbaren Boden zu fallen.

Die jüngste Theorie besagt, dass die Demokraten, allen voran US-Präsident Joe Biden, den Super Bowl manipuliert hätten. Was der US-Präsident davon hätte? Nun, wenn die Kansas City Chiefs gegen die San Francisco 49ers gewinnen, dann wäre das ein enormer Schub für den Wahlkampf. Warum? Na, weil der Freund von Taylor Swift, der Footballprofi Travis Kelce, bei den Chiefs spielt. Und Weltstar Taylor Swift könne dann aus Dankbarkeit schließlich gar nicht anders, als Joe Biden zu unterstützen. Alles klar, oder?

"Ich bekäme Ärger"

Mit den Löchern in dieser Kausalkette scheinen Verschwörungserzähler im Netz kein Problem zu haben. Für sie steht fest: Der Präsident selbst hat das Spiel manipuliert. Das Wahlkampfteam des Präsidenten nahm den Football jetzt dankend auf und trollte die Verschwörer seinerseits.

Noch während der Super Bowl lief, ging der Tiktok-Kanal der Biden-Kampagne online. In einem ersten Video wird dem US-Präsidenten eine Reihe von Fragen gestellt, eben ob er Fan der Chiefs oder der 49ers sei. Am Ende verweist der Interviewer scherzhaft auf die Verschwörungstheorie, dass das Weiße Haus das Spiel zugunsten der Chiefs manipuliert hat, um die Gunst des Popstars zu gewinnen. "Haben Sie die Saison heimtückisch manipuliert, damit die Chiefs den Super Bowl erreichen, oder sind die Chiefs einfach nur ein gutes Footballteam?"

Bidens Antwort: "Ich bekäme Ärger, wenn ich es Ihnen sagen würde." Für einen Sekundenbruchteil wird daraufhin ein Bild von Joe Biden vor schwarzem Hintergrund eingeblendet, während aus seinen Augen rote Laserstrahlen schießen. Noch eine Trollerei, denn das Bild ist als Bidens vermeintliches Alter Ego "Dark Brandon" in die Meme-Geschichte eingegangen.

Die Frage ist natürlich: Was war dran? Nun, die Kansas City Chiefs gewannen das Spiel tatsächlich denkbar knapp mit 25:22. Taylor Swift feierte ausgelassen mit Kelce und dessen Mutter. Ihre Dankbarkeit in Form von Unterstützung für Joe Biden zeigte die Sängerin aber nicht.

Taylor Swift ist seit einigen Monaten unfreiwillig zum Spielball im US-Wahlkampf geworden. Vor allem unter den Republikanern geht die Sorge um, der Megastar könnte die Wahl zu deren Ungunsten beeinflussen. Entsprechend heftig wird die Sängerin von Vertretern des rechten Lagers angefeindet. Immer wieder wird Swift für KI-generierte Desinformation missbraucht. Zuletzt zeigte ein Clip, dass Swift angeblich ein Pro-Trump-Plakat enthüllt habe. Ein Fake, wie sich herausstellte – und ein patscherter obendrein.

Kritik an der Nutzung von Tiktok

Aber auch das Social-Media-Team von Biden muss Kritik einstecken. Unter der Administration des US-Demokraten kam es zu einer Debatte über ein mögliches USA-weites Verbot von Tiktok. Der App und dem Hersteller Bytedance wurde vorgeworfen, im Auftrag der Kommunistischen Partei Chinas zu spionieren. Zu einem Verbot kam es letztlich nicht, aber Tiktok wurde von den Smartphones der meisten Staatsdiener verbannt.

Genau auf dieser so stark kritisierten Plattform wird also nun eine Wahlkampfkampagne gefahren, und bis zum vergangenen Wochenende schien das Wahlkampfteam einen Bogen um die App zu machen. Noch im vorigen Sommer hat das Biden-Team ausgeschlossen, dass es je auf Tiktok sein werde. Um junge Leute zu erreichen, wollte man auf Influencer setzen. Das hat sich jetzt geändert. Die Replik der Demokraten lautet sinngemäß: Tiktok ist zu groß, um es einfach zu ignorieren, wie "Wired" berichtet. Bei Jack Lobel, Pressesprecher der Pro-Biden-Organisation Voters of Tomorrow, klingt das dann so: "Auf Tiktok wird die Biden-Kampagne Millionen junge Menschen erreichen, von denen einige andernfalls vielleicht nichts von den Erfolgen des Präsidenten bei Themen wie Klimaschutz und Bildung erfahren würden."

Ein Sprecher des Präsidenten betonte umgehend, dass der fragliche Clip mit einem eigens für die App angeschafften Smartphone aufgenommen wurde, auf dem keine Regierungsinformationen gespeichert sind.

Aber Biden trollt nicht nur auf Tiktok, auf X, vormals Twitter, ließ er nach dem Spiel posten: "Genau wie wir es geplant hatten", während sein grinsendes Konterfrei Laser aus den Augen schießt. (pez, 14.2.2024)