Mehrere Menschen beim Planken
Krafttraining tut der Gesundheit extrem gut – aber Männer müssen für den gleichen Effekt wesentlich mehr trainieren. Für Frauen bringt eine Krafteinheit pro Woche schon enorm viel.
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Meistens, wenn es um die Gesundheit geht, stehen Frauen schlechter da. Sie haben häufiger Autoimmunerkrankungen, sie spüren Schmerzen stärker, sie vertragen Medikamente oft schlechter, und sie haben öfter schwer identifizierbare gesundheitliche Probleme – oder zumindest werden frauenspezifische Krankheiten häufig weniger beforscht.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Frauen profitieren deutlich stärker von sportlichem Training als Männer. Das zeigt eine Studie, die soeben im Fachmagazin "Journal of the American College of Cardiology" (JACC) publiziert wurde.

Die erfreulichen Erkenntnisse: Frauen, die regelmäßig sporteln, haben ein deutlich geringeres Risiko, aufgrund eines Herz-Kreislauf-Problems – und auch ganz generell – früher zu sterben. Und es gibt noch eine gute Nachricht, zumindest für jene, die wenig Zeit für Bewegung haben oder sich besonders dazu aufraffen müssen: Frauen bekommen diesen besseren Gesundheitsbenefit mit wesentlicher weniger zeitlichem Aufwand als die Männer.

Gut fürs Herz

Für die Erkenntnisse hat ein Team aus Forschenden die Daten von 412.413 Erwachsenen in den USA im Alter zwischen 27 und 61 Jahren von 1997 bis 2019 analysiert. In dem Zeitraum starben knapp 40.000 Teilnehmende, darunter 11.670 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei zeigte sich, dass Frauen, die regelmäßig Sport machten, im untersuchten Zeitraum ein um 24 Prozent geringeres Sterberisiko hatten als jene, die nicht sportelten. Bei Männern reduzierte sich das Risiko durch Bewegung um 15 Prozent.

Das Risiko von Frauen für einen tödlichen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder ein anderes kardiovaskuläres Gesundheitsproblem reduzierte sich sogar um 36 Prozent, bei Männern immerhin um 14 Prozent. "Die Studie zeigt klar, dass Bewegung eine unglaublich wirksame Möglichkeit ist, um gesünder und länger zu leben", betont Susan Cheng, Kardiologin am Cedars-Sinai-Spital in Los Angeles, in einer Aussendung. "Frauen machen im Schnitt weniger Sport als Männer. Wir hoffen sehr, dass diese Erkenntnisse sie dazu motivieren, das zu ändern."

Fünf Stunden pro Woche

Es ist übrigens nicht so wichtig, welchen Sport man macht, um die Benefits zu bekommen. Die Forschenden konnten den Zusammenhang bei allen Trainingsformen feststellen, von zügigem Gehen bis hin zu intensiver Anstrengung wie etwa Spinning oder Seilspringen. Auch Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht funktioniert.

Wir sprechen beim Sport übrigens nicht von einem enormen Zeitaufwand. Wer sich als Mann für mäßig aerobe Aktivität entscheidet, also solche Bewegung, bei der man sich noch ohne große Probleme unterhalten kann, hat die Obergrenze des Gesundheitsnutzen nach 300 Minuten oder fünf Stunden pro Woche erreicht. Das Sterberisiko reduziert sich dann um 18 Prozent. Mehr Sport ist natürlich immer in Ordnung, doch er steigert den Gesundheitsnutzen nicht mehr relevant.

Frauen reicht die Hälfte

Frauen haben die gleiche Risikoreduktion schon nach 140 Minuten oder knapp zweieinhalb Stunden erreicht. Steigern sie auf 300 Minuten, reduziert sich das Sterberisiko um 24 Prozent.

Wer sich lieber richtig verausgabt beim Sport und dabei an die Leistungsgrenze geht, hat das Gesundheitspotenzial von 19 Prozent weniger Risiko als Mann mit 110 Minuten Training pro Woche ausgeschöpft, zumindest zeigen das die Daten in der Studie. Frauen müssen für die gleiche positive Wirkung nur 57 Minuten intensiv trainieren.

Besonders groß ist der gesundheitliche Benefit beim Krafttraining. Frauen, die regelmäßig die Muskeln trainieren, konnten ihr Risiko für einen kardiovaskulären Todesfall um ganze 30 Prozent reduzieren – verglichen mit elf Prozent für die Männer.

"Das Schöne an dieser Studie ist, dass Frauen deutlich mehr aus jeder Minute mäßiger bis intensiver Aktivität herausholen können als Männer", betont Studienmitautorin Martha Gulati vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles.

In Bewegung kommen

Die Daten sind eindeutig: Bessere Fitness ist gleich reduziertes Sterberisiko. Doch die Daten zeigen auch, dass sich die Menschen zu wenig bewegen. Nur ein Drittel der Frauen und 43 Prozent der Männer machten so viel Sport, wie aufgrund der Studienerkenntnisse sinnvoll ist. Noch schlechter sieht es beim Krafttraining aus. Nur ein Fünftel der Frauen und 28 Prozent der Männer fordern die Muskeln zumindest einmal pro Woche.

"Dabei kann selbst ein begrenztes Maß an regelmäßiger Bewegung gesundheitlich enorm viel bringen, das gilt besonders für Frauen", betont Cheng. "Dafür reichen schon 20 bis 30 intensive Minuten ein paarmal in der Woche."

Die Studie zeigt dabei auch, dass es keinen klar definierten Trainingsansatz für alle gibt, sagt Eric Shiroma, Epidemiologe der National Institutes of Health in Baltimore, Maryland. "Eine Person hat, abhängig von Alter, Gesundheitszustand und Zeitbudget, ganz unterschiedliche Aktivitätsbedürfnisse. Aber dass jede Bewegung wertvoll ist, das zeigen die Daten ganz klar."

Weniger Muskelmasse

Bleibt die Frage, warum die Geschlechter so unterschiedlich viel Zeit für das gleiche Ergebnis investieren müssen. Das liege an mehreren Faktoren, sagen die Forschenden, Variationen in der Anatomie und Physiologie hätten damit zu tun. Männer haben etwa eine höhere Lungenkapazität, größere Herzen, mehr Muskelmasse und mehr schnell kontrahierende Muskelfasern als Frauen. Deshalb nützen Frauen womöglich andere Atem-, Stoffwechsel- und Kraftressourcen für die gleichen Bewegungen – die dann aber zu einem besseren Trainingserfolg führen.

Für Kuno Hottenrott von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist das Resultat keine Überraschung. "Ich plädiere seit langem dafür, die Sportempfehlungen in Gesundheitsleitlinien stärker nach Geschlecht und Alter zu differenzieren", betont der Sportwissenschafter. Er hat bereits 2008 eine Formel zur Berechnung der idealen Pulsfrequenz bei Ausdauersport entwickelt, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern berücksichtigt. Denn Frauen hätten im Durchschnitt eine deutlich geringere Muskelmasse, eine niedrigere Stoffwechselrate, geringere Körpermaße und ein geringeres Blutvolumen als Männer, erklärt Hottenrott. (kru, APA, 20.2.2024)