Haben Sie gehört, dass Österreich zu den Ländern in der Eurozone mit der höchsten Inflation zählt? Vermutlich ja. Haben Sie gewusst, dass die Arbeitslosigkeit bei unter 25-Jährigen im vergangenen Jahr unter allen Industrieländern in Österreich am stärksten gestiegen ist? (Die Zunahme war nur in Tschechien, Schweden und Island etwa gleich hoch.) Wohl eher nicht.

Das Quiz ist schon zu Ende. Das Beispiel soll verdeutlichen, dass unsere wirtschaftspolitischen Debatten inzwischen zu verengt sind und sich der Fokus verschieben sollte: Die Inflation ist nicht länger unser Hauptproblem, es deuten sich größere Herausforderungen an.

Einkaufsstraße
Die Teuerung hat jeden Einkauf schmerzhaft gemacht, wir haben aber inzwischen gröbere Probleme.
APA/ALEX HALADA

Dass die Teuerung seit zwei Jahren die mediale Diskussion prägt, hatte lange einen guten Grund. Inflationsraten von über elf Prozent, wie das auf dem Höhepunkt der Krise Anfang 2023 der Fall war, machen jeden Einkauf schmerzhaft. So hohe Inflationsraten sind auch eine Gefahr für den Standort, weil die Löhne infolge der Preissteigerungen ebenfalls anziehen, was exportorientierte Unternehmen unter Druck bringen kann. Dazu kommt, dass in der Inflationskrise von der Regierung Fehler gemacht wurden, über die es zu reden galt. Zuschüsse wurden üppig verteilt, in Preise eingreifen wollte man aber nur zögerlich. Dass Mieten aktuell einer der stärksten Preistreiber sind, untermauert dieses Versäumnis symbolisch.

Die gute Nachricht ist, dass die Inflationsraten inzwischen im Euroraum ebenso wie in Österreich gesunken sind. 4,5 Prozent haben die Preise hierzulande zuletzt zugelegt. Das ist ein hoher Wert, aber die Krise neigt sich damit dem Ende zu, zumal die Teuerung laut Prognosen weiter nachlassen sollte.

Stagnation

Zugleich verfestigen sich die Anzeichen dafür, dass die wirtschaftlichen Probleme vor uns größer sind als gedacht. Laut neuer Prognose der EU-Kommission wird das Wachstum europaweit schwach ausfallen, auch in Österreich. Nach der Rezession 2023 kommt die heimische Wirtschaft heuer kaum vom Fleck. Das heißt zwei Jahre Stagnation.

Die Probleme sind vielfältig: Da sind die in Europa hohen Energiepreise, da ist die Schwäche der deutschen Volkswirtschaft, unseres wichtigsten Handelspartners. Da ist eine fragile Globalisierung: Mehr und mehr Länder setzen auf Protektionismus. Dazu kommen hohe Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB), wodurch Investitionen teurer werden. Und auch hierzulande wird ein steigender Anteil der staatlichen Ausgaben ins Militär gesteckt. Das mag politisch legitim sein, bedeutet aber, dass es weniger Geld für andere Aufgaben gibt.

Nicht alles läuft schlecht. Der Arbeitsmarkt war lange robust. Doch der starke Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit mag ein Vorbote für gröbere Verwerfungen sein. Und ohne Wachstum werden sich auch die Verteilungskämpfe zuspitzen.

Was also tun? Die EZB darf in den kommenden Monaten den Moment für eine Absenkung der Leitzinsen nicht verschlafen. Der Staat muss abwägen, mit welchen Investitionen das Wachstum angeschoben werden kann. Ein Konjunkturpaket für die Baubranche ist im Gespräch. Muss vielleicht breiter gedacht werden, auch an den Bildungs- und Forschungsstandort? Politik und Experten müssen das unter Einbeziehung der Öffentlichkeit diskutieren. Sonst könnte die Inflation eines Tages aus dem Rückspiegel betrachtet nur als Prolog für eine noch tiefere Krise erscheinen. (András Szigetvari, 22.2.2024)