Zwar sind die Mieten im Altbau hierzulande gedeckelt – warum genau sie wie viel zahlen, ist vielen Mieterinnen und Mietern dennoch nicht ganz klar. Eigentlich gilt für Wohnungen, die vor 1945 errichtet wurden, das Richtwertsystem. Die Basis, der Richtwert, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und liegt in Wien aktuell bei 6,67 Euro. Dazu können aber noch unterschiedliche Zu- und Abschläge kommen, etwa für die Lage oder die Ausstattung der Wohnung.

Befristete Mietverträge sind in Wien zur Normalität geworden.
Befristete Mietverträge sind in Wien zur Normalität geworden.
Putschögl

Einer Überprüfung bei der Schlichtungsstelle halten die Mieten im Altbau nicht immer stand. Immer wieder müssen Vermieterinnen und Vermieter ihren Mietern tausende Euro zurückzahlen, die sie über die Jahre zu viel verlangt haben. Darum wurde das Überprüfen von Mieten in den letzten Jahren ein gutes Geschäft für private Prozessfinanzierer, die in Wohnhäusern teils von Tür zu Tür gehen und ihre Dienste anbieten.

"Fantasiezuschläge"

Ihr Geschäftsmodell: Sie erstreiten die zu viel bezahlte Miete zurück – stecken davon aber dann einen gewissen Prozentsatz als Erfolgshonorar ein. In Extremfällen bleibt den Mieterinnen und Mietern selbst nicht mehr allzu viel übrig. Bei der Arbeiterkammer (AK) kennt man Fälle, bei denen eine Mieterin 1600 Euro erhielt – der Prozessfinanzierer aber 7000 Euro einsteckte, weil er auch noch an der Mietersparnis der kommenden Jahre mitschnitt.

Dem möchte man bei der AK nun einen Riegel vorschieben. Ab sofort bietet sie in Wien eine Überprüfung des Mietzinses von Altbauwohnungen für Mitglieder an. Der Service, der online, telefonisch oder persönlich bei der Mieterhilfe der Stadt Wien, mit der die AK kooperiert, in Anspruch genommen werden kann, ist kostenlos. Auf Wunsch der Mitglieder geht man auch vor Gericht, wenn das Verfahren bei der Schlichtungsstelle nicht zum Erfolg geführt hat.

Dafür werde mit gemeinnützigen Mieterschutzorganisationen wie der Mietervereinigung und "erfahrenen Anwälten" kooperiert. Die AK trage dabei das volle Risiko, sagt Ludwig Dvořák, bei der AK Wien für arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz zuständig. Auch von den zurückerstrittenen Beträgen behalte man nichts ein.

"Wir wollen unsere Mitglieder weder den Vermietern noch den Prozessfinanzieren ausliefern", sagt AK-Präsidentin Renate Anderl. Ein besonders großes Problem sind laut Ilkim Erdost, bei der AK Wien für Konsumentenschutz zuständig, "Fantasiezuschläge", die laut Berechnungen der AK pro Jahr in ganz Wien 115 Millionen Euro ausmachen.

Auch die in den letzten Jahren überhandgenommenen Befristungen sind der Interessenvertretung ein Dorn im Auge, weil der gesetzlich vorgeschriebene Befristungsabschlag von 25 Prozent häufig nicht abgezogen und die Miete nach jeder Verlängerung angehoben werde. Viele würden sich gleich gar nicht trauen, sich gegen zu hohe Mieten zu wehren, weil sie Angst hätten, dass ihr Mietvertrag nicht verlängert wird, berichtet Erdost.

Reform des Mietrechts

Zum wiederholten Mal trommelt die AK auch für eine Reform des Mietrechtsgesetzes, mit der die Höhe von Zuschlägen begrenzt wird. Eine weitere Forderung: Immobilienkonzerne sollten, anders als Privatpersonen, nur noch unbefristet vermieten dürfen. Und auch die Mietpreisbremse der Bundesregierung müsse nachgebessert und der Mietanstieg auf zwei Prozent gedeckelt werden – auch rückwirkend für 2022 und 2023.

Kritik kam umgehend vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI), der den Vorstoß als "Wahlkampfzuckerl" bezeichnete: "Anstatt gemeinsam Lösungen zu suchen, positioniert die Arbeiterkammer wieder das Feindbild Vermieter", sagte Geschäftsführer Anton Holzapfel. Es brauche ein System, das "die Interessen von Mietern und Vermietern gleichermaßen berücksichtigt". (Franziska Zoidl, 23.2.2024)