Christian Jordan-Lichtenberger: Für Kinder und Zementsäcke

Ein Lastenrad mit Anhänger
Als Zugmaschine dient ein Longtail, im Anhänger hat Christian Jordan-Lichtenberger weiteren Stauraum.
Christian Jordan-Lichtenberger

Ein Statement ist das Lastenrad ganz sicher. Bei uns im Ort weiß jeder sofort: Ah, das ist die Familie mit dem Lastenrad! Dabei haben sich in der Gemeinde inzwischen drei weitere Familien genau das gleiche Lastenrad, wie wir es fahren, gekauft.

Wir sind vor acht Jahren aus der Stadt rausgezogen – und vor fünf Jahren haben wir das Longtail gekauft. Wir haben drei Kinder, und dieses Rad war das flexibelste. Und es hat einen tiefen Schwerpunkt.

Obwohl die Rechtsprechung für den langen Gepäckträger nachteilig ist, weil man hinter der Person, die fährt, nur ein Kind auf dem Rad transportieren darf. Dabei würde das Rad die Belastung gut aushalten. Als wir umgebaut und das Haus renoviert haben, habe ich auch Zementsäcke mit dem Lastenrad geführt, wenn es schnell gehen musste.

Wenn wir im Sommer zum Baden runter an den Neusiedler See fahren, dann setzen wir ein Kind hinten aufs Fahrrad, zwei in den Anhänger, und die Badesachen schnallen wir vorn auf den Gepäckträger.

Wir hatten nie ein Auto. In Wien brauchten wir es nicht, und jetzt auf dem Land haben wir uns mit dem Autokauf so lange Zeit gelassen, dass wir merkten, dass wir auch ganz gut ohne auskommen. Wir fahren viel mit dem Zug – zum Bahnhof sind es nur ein paar Minuten. Und wenn wir wirklich einen Wagen brauchen, gibt es am Bahnhof in Eisenstadt zwei Rail-&-Drive-Autos. Im Jahr fahren wir vielleicht zehn- bis zwölfmal mit dem Auto.

Ob das Lastenrad aber auch gleich ein Statussymbol ist? Man kommt viel mit Leuten in Kontakt. Es ist wie ein Cabrio auf zwei Rädern. Ein Lastenrad kostet 4.000, 5.000 Euro – um das Geld bekommt man auch schon einen Gebrauchtwagen. Dafür sind beim Auto die laufenden Kosten viel höher. Den Ökostempel bekommt man mit dem Lastenrad schon aufgedrückt. Aber es gibt schlimmere Stempel.

Karoline Szivatz: Käme ich mit dem Auto, würden die Kinder rebellieren

Karoline mit dem Lastenrad bei einer Radveranstaltung.
Auch bei Radveranstaltungen ist das Lastenrad im Einsatz.
Margit Prünner

Ich bin durch die Kinder aufs Lastenrad gekommen. Inzwischen bewältigen mein Partner und ich unseren Alltag seit acht Jahren mit dem Fahrrad. Das hat mit einer Radreise nach Kroatien angefangen – danach kam ohnehin bald das erste Kind.

Das erste Lastenrad war noch eines ohne Motor, ein Dreirad, mit dem wir täglich in die Krippe gefahren sind, oder zum Einkaufen. Mit dem zweiten Kind brauchte ich dann einen Motor als Unterstützung bei den den Steigungen, die es auch im Burgenland gibt. Die größere Tochter fährt inzwischen schon selbst mit dem Rad. Sie würde rebellieren, würde ich sie mit dem Auto abholen, und mir vorwerfen, dass ich mich nicht um die Umwelt kümmere. Also nutzen wir das Auto wirklich nur mehr dann, wenn es nicht anders geht. Wir haben sogar den Wohnort so ausgesucht, dass wir so gut wie alle Wege mit dem Rad fahren können.

Für mich ist das Lastenrad kein Statussymbol, in einer umweltbewussten Schicht gibt es aber sicher ein Potenzial dafür – und es ist mir ein lieberes Statussymbol als ein Auto. Ich flirte inzwischen mit einem noch besseren und teureren Lastenrad, so um die 7.000 Euro.

Wer sich nicht sicher ist, ob ein Lastenrad zu einem passt, der sollte sich einmal eines ausborgen und damit erste Erfahrungen sammeln. In Eisenstadt geht das etwa bei der Mobilitätszentrale, direkt im Zentrum der Stadt. Die bieten dort Lastenräder zum Ausprobieren an.

Conrad Bauer: Bis zu acht Kisten Bier passen in mein Lastenrad

Das Lastenrad, auf dem ein Schrank verstaut ist.
Das Eventbike nimmt es auch mit extragroßen Lasten auf.
Conrad Bauer

Mein Lastenrad habe ich gebraucht gekauft – da hatte also schon jemand anderes die Förderung kassiert, es dann aber zu wenig benutzt und darum verkauft. Es ist ein Eventbike mit Deckel, was es sehr praktisch zum Einkaufen macht. Denn ich kann die Kiste zumachen und von einem Markt zum anderen fahren, ohne dass mir jemand meine Einkäufe stiehlt. Bis zu acht Kisten Bier passen ins Rad. Dann wird das Fahren aber schwierig, weil der Bremsweg sehr lang wird.

Ich habe mir das Rad gekauft, weil es mir zu deppert war, für den Wochenendeinkauf mit dem Auto die fünf Gassen hin- und herzufahren. Und ich wollte Verkehr in der Stadt vermeiden. Was mich nervt, ist, dass es zu wenige Parkmöglichkeiten für Lastenräder gibt. Da sollten sich die Supermärkte was überlegen.

Für mich ist das Lastenrad schon ein Statussymbol. Vermutlich auch für andere, weil es in der Anschaffung so teuer ist. Aber das Lastenrad ist als Statussymbol noch nicht überall anerkannt. Autofahrer hassen dich, Radfahrer schneiden dich ...

Hannah Menne: Ohne Lastenrad keine Kinderlogistik

Zwei Kinder im Lastenrad, schauen auf die Autos im Stau auf einer Autobahn.
Den Kindern taugt es, im Lastenrad auf die Autos im Stau zu schauen.
Hannah Menne

Seit acht Jahren fahre ich mit dem Lastenrad, und seit etwa vier Jahren habe ich kein Auto mehr. Nachdem ich vom Land in die Stadt gezogen bin, war mir das Auto zu teuer dafür, dass ich es kaum nutzte.

Ich erledige alles mit dem Fahrrad. Ich arbeite in einem Verlag und führe oft Bücher hin und her. Ich habe vier Kinder, und die damit verbundene Logistik hätte ich ohne Lastenrad nicht geschafft. Mit den Nachbarn, die auch ein Lastenrad haben, machen wir gemeinsam ein Elterntaxi und wechseln uns beim Fahren ab.

Ich habe inzwischen sicher schon 15 Menschen ein Lastenrad vercheckt, im Sinne von: Ich habe sie überzeugt, dass sie sich damit ein zukunftsträchtiges Fortbewegungsmittel kaufen.

Im Moment ist mein Problem, dass mein Lastenrad schon in die Jahre gekommen ist. Ein neuer Akku würde 600 Euro kosten, und das kann ich mir gerade nicht leisten. Es gibt zwar Förderungen bei Lastenrädern, aber nur den Akku zu tauschen wird meines Wissens nach nicht gefördert. Und es dauert mitunter fast ein Jahr, bis man die Förderungen ausbezahlt bekommt. Wenn man das Geld vorstrecken muss, sind diese Förderungen nur was für die Bobobobos.

Ja, ein Lastenrad ist voll die Bobokutsche. Ein Lastenrad zu fahren ist ein Statement, und ein Lastenrad ist ein Statussymbol. Meines ist allerdings schon total abgefuckt. Aber das bietet den Vorteil, dass es mir nicht gestohlen wird. (Guido Gluschitsch, 24.2.2024)

Video: Fahrradfahren in Wien: Nur für mutige Eltern?
DER STANDARD