Die Immobilienbranche hat rosige Zeiten hinter sich. Jahrelang wurde so gut wie alles gekauft, was vier Wände besaß. Betongold war eine Investmentklasse. Das hatte zur Folge, dass lange Zeit hauptsächlich das produziert wurde, was sich gut verkaufen ließ: Luxuswohnungen für Wohlhabende oder Ein- oder Zweizimmerwohnungen für Anleger. Was jene Menschen brauchten, die auf Wohnraum angewiesen waren, hat nur wenige interessiert.

Wohnungen Balkone Neubau 60er
Rund 1,3 Millionen Menschen hätten in den Wohnungen Platz, die insgesamt in Österreich leer stehen.
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Das rächt sich nun. Jetzt, wo sich viele Menschen Immobilien nicht mehr leisten können, ist der Markt überflutet mit Wohnungen, die leer stehen. Die Zahlen sind erschreckend: Laut Statistik Austria gibt es in Österreich 635.000 leerstehende Wohnungen, in denen 1,3 Millionen Menschen Platz hätten. Ganze Projekte füllen sich nur langsam mit Leben und warten teils Monate oder gar Jahre vergeblich auf den Einzug von Bewohnerinnen, während Familien keinen Wohnraum finden. Anderswo werden Bauträger kreativ und legen kleine Wohnungen zusammen, um den Bedürfnissen des Marktes nachträglich doch noch gerecht zu werden.

In dieser abstrusen Situation klingt es erlösend, dass, wie die Regierung nun verkündet hat, die Länder die Möglichkeit bekommen sollen, höhere Leerstandsabgaben einzuheben. Präventiv bringt der aktuelle Vorstoß wenig. Denn aufgrund der hohen Kosten wird aktuell ohnehin kaum neu gebaut. Doch zumindest jene Leerstände, die bereits existieren, könnten schneller vermietet oder verkauft werden, wenn den Besitzerinnen durch eine Abgabe Feuer unterm Hintern gemacht wird.

Zahlreiche Ausnahmen

In einigen Bundesländern gibt es solche Abgaben bereits. Allerdings, und das ist das große Problem: Die Regelungen greifen kaum. Und wie sich das in Zukunft ändern soll, ist fraglich. Zumindest die Beträge, die Eigentümer zahlen müssen, sollen nun steigen. Allerdings gibt es Ausnahmen wie Sand am Meer.

So dürfen Wohnungsbesitzer in der Steiermark eine leerstehende Wohnung pro Kind besitzen – für den Fall, dass es später einmal einziehen will. Ein "zeitnaher" Eigenbedarf gilt in Tirol als Ausnahme; ebenso, wenn mindestens über sechs Monate hinweg trotz ortsüblichen Mietzinses keine Mieterin gefunden wurde. Regelungen wie diese sind eine Farce, denn es ist klar, dass jene, die es treffen würde, diese Umgehungsmöglichkeiten finden und nutzen.

Wie viel Leerstand gibt es denn?

Die größte Hürde ist allerdings das Fehlen einer fundierten Leerstandserhebung. Ob eine Wohnung wirklich leer steht, als Zweitwohnsitz genutzt wird oder gar nur einmal im Jahr für eine Woche Skiurlaub das Licht brennt, lässt sich kaum überprüfen. Das hindert auch viele Bundesländer daran, den Gemeinden eine Verpflichtung zur Leerstandsabgabe aufzutragen – bisher gibt es eine solche nur in Tirol. Überall sonst basiert die Umsetzung auf Freiwilligkeit.

Dabei müssten andere Bundesländer oder der Bund längst nachziehen. Dazu braucht es ein flächendeckendes System, Leerstände aufzuspüren, und für all jene, die die Lage am Wohnungsmarkt mutwillig verschärfen, härtere Konsequenzen – und zwar ohne Schlupflöcher. Denn wer eine Wohnung leer stehen lässt, Ressourcen und Boden verbraucht, während Menschen verzweifelt nach Wohnraum suchen, trägt aktiv zur Wohnungsmisere bei. Das zu erschweren wäre ein deutliches und längst überfälliges Signal an eine Branche, die in den letzten Jahren in weiten Teilen am Markt und an den Menschen vorbeiproduziert hat. (Bernadette Redl, 29.2.2024)