Was ist von Putins Rede zur Lage der Nation zu halten? Welche Botschaften wollte er aussenden? Sie sei "im Grunde ein Sammelsurium aus Versprechungen, warum es bis 2030 in Russland toll sei und warum man bis dahin gut leben kann", analysiert der Politologe und Sicherheitsexperte der Münchner Sicherheitskonferenz Nico Lange in der "ZiB 2" bei Margit Laufer. Der Russland-Experte zieht auch gleich den Schluss: "Man stellt sich unweigerlich die Frage: Was hat Putin eigentlich bei all diesen Themen in den letzten 25 Jahren gemacht?" Für Putin steht freilich außer Frage, dass er wiedergewählt wird. "Die Russen wissen, dass sie keine Wahl haben", so Lange. Es gehe nur noch darum, ob jetzt 90 oder 91 oder 92 Prozent Putin wählen.

Politologe Nico Lange war Donnerstagabend zu Gast bei Margit Laufer in der
Der Politologe Nico Lange war Donnerstagabend zu Gast bei Margit Laufer in der "ZiB 2".
Screenshot: ORF-TVthek

Auf Nummer sicher

Aber warum war es Putin dann so wichtig, seine Wählerschaft auf diese Wahl einzuschwören? Putin sei "traumatisiert" durch die Ereignisse der Wende in Deutschland, er war ja damals KGB-Agent in Dresden und sehe "immer eine Gefahr, wenn Wahlen stattfinden". Proteste wolle er im Keim ersticken, "Putin geht auf Nummer sicher bei dieser Wahl".

Nach Macrons Vorstoß, Bodentruppen in die Ukraine zu schicken, brachte Putin wieder Atomwaffen ins Spiel. Wie groß ist die Gefahr? Putin, "schon lange Diktator Russlands", wolle seine historische Mission verwirklichen, so Lange. Er nutze "das nukleare Potenzial Russlands und die Raketen, um uns Angst zu machen und um seinen Krieg gegen die Ukraine damit aus seiner Sicht abzusichern".

Die Äußerungen von Macron über eine mögliche Entsendung von Bodentruppen sieht Lange als "unglücklich", auch weil der französische Präsident damit andere Länder zwinge zu dementieren und damit Uneinigkeit demonstriere. "Putin genießt es natürlich, wenn es Uneinigkeit gibt in Europa und versucht, diese noch zu vergrößern". Es wäre gut, wenn man in der Diskussion darüber, ob man die Ukraine so ausstattet, dass es sich militärisch durchsetzen könne und was dafür notwendig wäre, "in den nächsten Tagen und Wochen weiterkommt", so Lange.

ZIB 2: Politologe Lange zu Putins Warnung
ORF

Die Ukraine müsse die russischen Streitkräfte in der Ukraine schlagen, das sei "der einzige Weg, um dieses imperiale Streben Putins zu stoppen", sagt Lange, wenn man das nicht mache, dann ermutige man ihn zu weiteren Schritten. Es gehe um Munitionslieferungen, um Luftverteidigung, um eine Steigerung der Leistungsfähigkeit der Verteidigungsindustrie. Putin lasse keinen Zweifel daran, was er vorhabe. "Er rüstet weiter auf, geht mit seinen Streitkräften weiter voran, hat keinerlei Absicht, sich auf einen Waffenstillstand oder irgendeine Einigung einzulassen", zählt Lange auf, der Politologe sieht nur einen Weg: die Ukraine so auszustatten, dass die russischen Streitkräfte gestoppt werden können, "daran müssen wir arbeiten". (Astrid Ebenführer, 1.3.2024)