Das Wiener Lorenz-Böhler-Krankenhaus wird bis Anfang April komplett abgesiedelt. Die notwendigen Maßnahmen im Brandschutz können laut AUVA nicht im laufenden Betrieb umgesetzt werden.
APA/EVA MANHART

Rund um die überstürzte Absiedlung des Lorenz-Böhler-Spitals in der Wiener Brigittenau herrscht weiterhin Chaos. Am Dienstag gab die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in einer Stellungnahme bekannt, dass das Krankenhaus bis Anfang April endgültig abgesiedelt wird. "Die Verlagerung des Betriebs ist im Sinne der Sicherheit von Leib und Leben alternativlos", hieß es.

Zurückzuführen ist die rasche Maßnahme auf ein aktuelles Brandschutzgutachten, das erhebliche Mängel aufzeigte. Zwar sind diverse Defizite beim Brandschutz in dem Spital, das inzwischen offiziell Traumazentrum Wien-Brigittenau heißt, bereits seit einigen Jahren bekannt. Das "wahre Ausmaß" hat aber laut AUVA erst ein Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Erich Kern gezeigt, das Ende Februar übermittelt wurde. Die fundamentalen Mängel seien "auf Versäumnisse bei Baumaßnahmen vor über 30 Jahren zurückzuführen", hielt die AUVA fest. Ein rasches Einschreiten sei unabdingbar gewesen.

"Nicht einmal 30 Minuten Feuerwiderstand"

Konkret wurde im aktuellen Gutachten ein massiver Mangel bei der Brandschutzbeschichtung festgestellt. Es habe sich herausgestellt, dass "wir nicht einmal 30 Minuten Feuerwiderstand haben", wie Kern in Ö1 sagte. Die Behörde fordere 90 Minuten. Eine Kompensierung dieses erheblichen Mangels sei nicht gelungen. Um den Brandschutz während der nun laufenden Absiedlung sicherzustellen, wird temporär ab Mittwoch ein Feuerwehrzug auf dem Areal des Krankenhauses postiert.

Wie das weitere Prozedere konkret ablaufen soll, vor allem die Verlagerung bereits im Lorenz-Böhler-Spital geplanter Operationen, ist noch unklar. Die AUVA gab zwar bekannt, dass alle geplanten und akuten OPs sowie notwendige Therapien "an den alternativen Standorten durchgeführt werden". Aktuell steht dafür aber nur das Traumazentrum Wien-Meidling der AUVA zur Verfügung. Mit der Stadt Wien würden hingegen noch Gespräche zur Übernahme von Leistungen laufen.

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gab bereits bekannt, dass es OP-Ressourcen im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) gibt. Hier sollen gesamte Mannschaften des Lorenz-Böhler-Spitals mitübersiedeln. Allerdings müssten diese auch noch eingeschult werden und neue Abläufe kennenlernen, zudem gibt es vorab arbeitsrechtliche Fragen zu klären. Das ist kein einfacher Prozess. Ein Sprecher Hackers stellte zudem auf STANDARD-Anfrage klar, dass das AKH nur Akutoperationen vom Lorenz-Böhler-Spital übernehme, nicht aber bereits geplante OPs. Wie viele Operationen im Lorenz-Böhler-Spital seit Anfang der Woche abgesagt oder verschoben wurden, gab das Management des Krankenhauses auf Anfrage vorerst nicht bekannt. Auf Facebook schrieb die AUVA, dass sämtliche derzeit geplante OPs auch stattfinden würden, der überwiegende Teil in Meidling. Personen, die von OP-Verschiebungen betroffen sein könnten, sollen sich laut AUVA unter einer Hotline (+43 5 93 93 41201) oder per E-Mail unter uba@auva.at melden.

Protestaktion am Mittwoch vor Spital

Unfallchirurg Heinz Brenner, der stellvertretender Betriebsratsvorsitzender im Lorenz-Böhler-Spital ist, hat angesichts der Unsicherheiten für Mittwoch um 8.30 Uhr eine kurze Protestaktion des Personals vor dem Krankenhaus angekündigt. "Wir wissen nicht, was sonst alles noch auf uns zukommt", sagte Brenner dem STANDARD. Transparente sollen auf die ungewisse Zukunft der Belegschaft aufmerksam machen, auch ein Sarg soll vor dem Spital postiert werden, sagte Brenner. Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart habe zugesagt, zur Protestaktion zu kommen. Auch GPA-Vorsitzende Barbara Teiber wird erwartet.

Nach Ansicht der Personalvertretung wäre eine längere Übergangsfrist möglich. Auch die Einholung weiterer Gutachten, um zu prüfen, ob die Schließung tatsächlich unabdingbar ist, wurden zuletzt verlangt.

Die AUVA hielt in ihrer Stellungnahme fest, dass "selbstverständlich" keine Streichung von Stellen geplant sei – "weder im ärztlichen, therapeutischen und pflegerischen Dienst noch in sonstigen Bereichen des Hauses". Im Rahmen einer Übergangslösung mit Containern ist eine Wiederaufnahme des Betriebs in der Brigittenau ab Anfang 2025 geplant. Ein "Forschungs-, Wirtschafts- und Gesndheitscampus Brigittenau" soll bis zum Jahr 2030 entstehen. (David Krutzler, APA, 5.3.2024)