Ein Mann im Anzug sitzt mit seinem Arbeitstisch im Grünen
Soziale Aspekte der Nachhaltigkeit werden immer wichtiger für den Unternehmenserfolg. Es hapert aber noch an der Umsetzung.
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Nachhaltigkeit wird zur Vorgabe für den Unternehmenserfolg. Das schlägt sich auch in der Einstellung heimischer Führungskräfte zu sozialen Aspekten nieder, wie eine aktuelle Umfrage des Wirtschaftsprüfungsnetzwerks EY zeigt: 70 Prozent der befragten 174 Führungskräfte geben an, ihnen sei das Thema soziale Nachhaltigkeit "sehr wichtig" oder "eher wichtig". Lediglich fünf Prozent halten soziale Nachhaltigkeit für "überhaupt nicht wichtig". Dazu gehören Arbeitsbedingungen und Rechte von Mitarbeitenden, Beiträge zum Gemeinwohl und das soziale Engagement in der Gesellschaft. Das beinhaltet auch die Lieferketten und Handelspartner der Unternehmen.

Der Druck auf die Unternehmen ist jedenfalls groß: In dem Bereich stehen neue gesetzliche Regelungen an, etwa neue ESG-Berichterstattungspflichten, die seit Beginn dieses Jahres schrittweise eingeführt werden. Auch Kunden und Kundinnen hinterfragen immer öfter, wie es um die Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette von Unternehmen steht, wie Studienautor Christian Horak betont.

Umsetzung holpert

Obwohl zwei Drittel der österreichischen Unternehmen soziale Nachhaltigkeit bereits in ihrer Strategie verankert haben, gibt es bei der Umsetzung noch Aufholbedarf. "Auch wenn die österreichische Unternehmenslandschaft bereits gut informiert und gerade im Bereich Maßnahmen für Mitarbeitende gut aufgestellt ist, gibt es in vielen Bereichen Aufholpotenziale.", so Horak weiter.

Diese sind auch implizit vorgegeben: 85 Prozent der Manager und Managerinnen im Land rechnen damit, dass soziale Nachhaltigkeitskriterien auch bei der Vergabe von öffentlichen Projekten künftig eine große bis sehr große Rolle spielen werden.

Fokus intern

Die bestehenden Maßnahmen der Unternehmen fokussieren sich derzeit noch stark auf die eigenen Mitarbeitenden. Hier sind vor allem Gehälter, Work-Life-Balance und Gesundheit die Stellschrauben, auf die sich die Unternehmen konzentrieren. Aufholbedarf gibt es entlang der Wertschöpfungsketten, wo es oft an konkreten Maßnahmen mangelt. Außerdem haben vier von zehn Unternehmen soziale Nachhaltigkeit noch überhaupt nicht in ihre Strategie integriert.

Auch strukturell ist das Thema noch nicht ausreichend verankert, es würden meistens klare Verantwortlichkeiten fehlen, bemängelt Studienautorin Christina Gobin-Reider. So hat nur ein Viertel der untersuchten Unternehmen eine eigene Position für Nachhaltigkeitsagenden eingerichtet, in 17 Prozent der Organisationen gebe es überhaupt keine verantwortlichen Personen.

Wenige messen 

Ein große Lücke gibt es auch noch bei der Messung der sozialen Nachhaltigkeit: Insgesamt geben nur drei Prozent aller befragten Unternehmen an, die Zielerreichung umfassend zu messen. Immerhin ein Viertel misst "weitgehend", ein Drittel zumindest teilweise. "Dort, wo die Messung von Maßnahmen leichter fällt, nämlich bei den eigenen Arbeitskräften, wird sie tendenziell auch stärker verfolgt", erklärt Gobin-Reider.

44 Prozent messen die Ergebnisse bei angemessener oder flexibler Arbeitszeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. 39 Prozent beleuchten die Angemessenheit der Gehälter und Maßnahmen zur Förderung von Gesundheit. Und auch hier zeigt sich, dass meistens noch auf externe Stakeholder und Zielgruppen vergessen wird: "Derzeit prüfen zum Beispiel nur 15 Prozent der österreichischen Organisationen genau, ob Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit der Kunden bei der Nutzung der Produkte Früchte tragen", so Studienautorin Gobin-Reider.

Kosten und Bürokratie

Als größte Hindernisse bei der Umsetzung sozialer Nachhaltigkeitsziele sehen österreichische Unternehmen gesetzliche Regularien, hohe Kosten und Defizite bei Zulieferern. Die Gesetze seien zu komplex, und es gebe zu viele davon, gab fast jede zweite befragte Führungskraft an. 39 Prozent geben hohe Kosten beziehungsweise fehlende Liquidität als größte Schwierigkeiten an. Drei von zehn Organisationen (30 Prozent) nennen das Beschaffungswesen, insbesondere das Angebot von Zulieferern, als Stolperstein. Etwa ein Viertel bezeichnet fehlende Information oder fehlendes Wissen in der Organisation und die schwierige Vereinbarkeit sozialer Nachhaltigkeit mit den unternehmerischen Zielen (beide 26 Prozent) als Hürde. (Paul Sajovitz, 7.3.2024)