Tursky: "Kunden müssen nicht mehr persönlich zum Schalter, um sich auszuweisen."
BKA/Zillbauer

Zeitaufwendige Behördenwege digital erledigen zu können ist zweifelsohne eine praktische Sache. Aber das Leben der wenigsten Menschen dreht sich um den Gang zur Bezirkshauptmannschaft oder zum Magistrat. Das lässt sich auch zahlenmäßig nachweisen: Die Menschen in Österreich haben im Schnitt 1,2 Mal mit Behörden zu tun – im Jahr wohlgemerkt. Auch wenn die Zahl der amtlichen Kontakte gering ist: Mit der ID Austria lassen sich viele Dinge digital erledigen, die früher nur persönlich vor Ort möglich waren.

Deutlich häufiger als mit dem Bürgerservice der lokalen Verwaltung hat man da schon mit der eigenen Bank zu tun, je nach Vermögensstatus wohl mehr oder weniger erfreulich. Und da kommt die ID Austria ins Spiel, denn diese steht den heimischen Banken ab sofort zur Verfügung.

Seit 2022 arbeiten das Finanzministerium, die Bankenbranche sowie die Wirtschaftskammer und Finanzmarktaufsicht (FMA) an Einsatzmöglichkeiten der ID Austria für den Bankensektor. Den Anfang macht die Online-Kontoeröffnung für Privatkunden ohne persönlichen Besuch einer Bankfiliale. Der gesetzlich vorgeschriebene Prozess, bei dem Kunden identifiziert werden müssen, wird komplett digital durch die ID Austria durchgeführt.

Keine Passkopien mehr

Das macht auch technisch oft heikle und für die Bankkundschaft aufwendige Verfahren wie Videoverifizierungen oder das Übermitteln von Passkopien obsolet. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sollen ab sofort laufend dazukommen. Das Ziel sei es, rechtsgültige Bankgeschäfte mit der ID Austria abzuwickeln, so Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag.

"Die ID Austria bietet auch für die Wirtschaft zahlreiche Anwendungsfälle wie beispielsweise zur Identifizierung und Überprüfung von Neukunden und Bestandskunden der Banken. Banken müssen ihre Kunden aufgrund von Antigeldwäscherichtlinien identifizieren können. Dadurch, dass die ID Austria den höchsten Sicherheitsstandards entspricht, können sich Bankkunden somit in Zukunft mit der ID Austria ausweisen und müssen nicht persönlich einen Reisepass oder Ähnliches am Schalter vorweisen", so Robert Zadrazil, Vizeobmann der Sparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer und Vorstandsvorsitzender der Unicredit Bank Austria.

Baba, Zettelwirtschaft

Aber nicht nur lästige Identifizierungsmethoden sollen der Vergangenheit angehören, auch die gern gepflegte Zettelwirtschaft bei einer Kontoeröffnung soll deutlich weniger werden. Damit sollen die Menschen nicht nur einfacher, sondern auch schneller zu einem Bankkonto kommen. "Unser Ziel ist es, mit der ID Austria den Zugang zu Bankdienstleistungen für Bankkundinnen und -kunden mit höchsten Sicherheitsstandards deutlich zu erleichtern. Daher ist es wichtig, dass nun auch die Bankenaufsicht grünes Licht für weitere Anwendungsmöglichkeiten der ID Austria im Bankenbereich gegeben hat", so Tursky.

Die Zustimmung der FMA war enorm wichtig für das Vorhaben, denn aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist die sichere Identifizierung durch die Banken eine zentrale Maßnahme im Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorfinanzierung, so FMA-Vorstand Helmut Ettl. Die ID Austria entspricht den künftigen europaweiten Anforderungen für den Einsatz als EU-Wallet. Neben der Kontoeröffnung und der Identifizierung sei es, so Tursky, auch möglich, dass Banken die Anmeldung in ihren Apps über die ID Austria abwickeln. Ob und wie das umgesetzt wird, obliegt aber den Banken.

Ein Filialsterben durch mehr digitale Services erwartet Zadrazil, nicht. Der Grad der Digitalisierung der heimischen Banken sei schon hoch, und selbst in Zeiten von Remote-Beratungen habe sich gezeigt, dass die Kundschaft bei intensiveren Beratungen lieber persönlich in die Filialen kommt. Aber: Es gebe Kundensegmente, die ihre Bankgeschäfte ausschließlich mobil mit dem Smartphone abwickeln.

Auf dem Weg zur Europa-Wallet

Die ID Austria steht nicht nur Behörden und Banken zur Verfügung, sie wird aktuell bereits von rund 80 privaten Unternehmen und rund 440 öffentliche Serviceanbietern genutzt. Beispielsweise nutzen die Sozialversicherungen wie ÖGK, SVS, PV die Services der ID-Austria, ebenso wie viele Universitäten. Auch nutzen Anwendungen der Bundesländer das Angebot wie "Mein Wien", das Wirtschaftsförderungsportal NÖ sowie die Klassiker: FinanzOnline, USP, oe.gv.at, JustizOnline die digitale ID. Die ID Austria entspricht den Standards der eIDAS-Verordnung der Europäischen Union. Diese sieht vor, dass jeder EU-Bürger und jede EU-Bürgerin eine digitale Wallet besitzt, in der etwa Ausweise wie der Führerschein abgelegt sind. Erst am Donnerstag haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments den nötigen Rechtsakt mit großer Mehrheit verabschiedet. Bis Herbst 2026 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten ihren Bürgerinnen und Bürgern die digitale Brieftasche zur Verfügung stellen. Manche Staaten, wie Österreich, Estland, Finnland, Litauen, Luxemburg und die Niederlande akzeptieren bereits die eIDs anderer Länder.

Österreich arbeitet beispielsweise mit den Niederlanden und dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen zusammen. Damit wird es beispielsweise möglich, ein Unternehmen in Österreich über das Serviceportal in Deutschland zu gründen, wie aus dem eGovernment Benchmark der Europäischen Union hervorgeht.