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Die Ausbildung für Psychotherapeutinnen und -therapeuten soll künftig an öffentlichen Universitäten stattfinden. Der Gesetzesentwurf wird laut Gesundheitsministerium in den kommenden Wochen im Nationalrat eingebracht.
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Die Akademisierung der Psychotherapieausbildung wird seit langem diskutiert, nun ist die Begutachtungsphase des Gesetzesentwurfes dafür zu Ende. Der Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) geht davon aus, dass das Gesetz noch in der aktuellen Legislaturperiode beschlossen werden könnte. Barbara Haid, Präsidentin des ÖBVP, betonte am Mittwoch, dass die 500 geplanten Masterstudienplätze zwar ein guter Start, im Grunde aber zu wenig seien. Die Ausbildungsplätze müssten daher in weiterer Folge ausgebaut werden. Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), begrüßt die Akademisierung der Ausbildung, der derzeitige Zugang sei "absolut nicht niederschwellig".

Laut Huss kostet die Ausbildung zur Psychotherapeutin beziehungsweise zum Psychotherapeuten aktuell bis zu 60.000 Euro. Sie werde vor allem durch außeruniversitäre Fachgesellschaften getragen und müsse privat finanziert werden. "Die Ausbildung muss für jeden und jede niederschwellig erreichbar sein, und vor allem müssen die finanziellen Hürden abgebaut werden." Mit der neuen Ausbildung würde dies gelingen, sagt Huss. Langfristig geplant ist ein dreistufiges Modell mit Bachelor- und Masterstudium und einer postgraduellen Phase, in der man bereits mit dem Zusatz "in Fachausbildung unter Supervision" in die Liste der Psychotherapeutinnen und -therapeuten eingetragen sei.

Pensionierungswelle und ansteigender Bedarf

Angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle – das Durchschnittsalter bei den rund 11.800 eingetragenen Psychotherapeutinnen und -therapeuten liege bei knapp 58 Jahren – und des steigenden Bedarfs an Psychotherapie verweist Susanne Pointner, Vorsitzende des Ausbildungsforums im ÖBVP, auf den dringend notwendigen Ausbau der Ausbildungsplätze. Aktuell erreiche man nur die Hälfte aller Personen, die gerne eine Psychotherapie machen würden, weil es zu wenige Psychotherapeuten gebe. Daher seien langfristig 1.500 Studienplätze pro Jahr notwendig, sagt Pointner. Sie sieht mit dem geplanten Masterstudium, das 2026 an den öffentlichen Universitäten starten soll, jedoch einen Schritt in die richtige Richtung.

Eine Hürde im Zugang zu Psychotherapie sieht Huss nicht nur bei der zu geringen Anzahl an Psychotherapeutinnen, sondern auch bei der aktuellen Struktur zwischen ÖGK und den Therapeuten. Derzeit habe die ÖGK Verträge mit 3.500 Psychotherapeutinnen, doch nicht alle würden Kassentherapie auch in einem relevanten Ausmaß anbieten und stünden damit nur auf dem Papier zur Verfügung. Auch hier werde die neue Ausbildungsstruktur Verbesserungen bringen. Immerhin würden Psychotherapeuten über die neue Ausbildung früher in den Beruf einsteigen, hält Huss fest. Außerdem würden derzeit noch viele Psychotherapeuten parallel zu ihren Praxen ihren Quellberuf weiter ausüben, um sich finanziell abzusichern. "Das wird sich mit der neuen Ausbildung ändern", erwartete Pointner.

Zulassungsverfahren offen

ÖBVP-Präsidentin Haid sei es ein Anliegen, dass es für das Studium keinen Zulassungstest wie den MedAT geben werde. Der MedAT ist das Aufnahmeverfahren für Studieninteressierte in den Bereichen Human- und Zahnmedizin. Es findet einmal jährlich statt und kostet 110 Euro. Getestet werden die Themengebiete Biologie, Chemie, Physik und Mathematik, aber auch Lesekompetenz und Textverständnis sowie kognitive Fertigkeiten. Immer wieder wird debattiert, ob der MedAT jene Kompetenzen, die man als Ärztin beziehungsweise Arzt brauche, tatsächlich abprüfe.

Wie genau das Zulassungsverfahren an den Universitäten für das Psychotherapiestudium aussehen werde, obliege den Institutionen selbst. Seitens des ÖBVP werde es aber klare Empfehlungen für Assessment-Center geben. Diese sollen berufsspezifische Kompetenzen abprüfen. Die Kritik der Ärztekammer an der neuen Ausbildung wies Haid am Mittwoch zurück. "Ich möchte mich dagegen verwehren, dass das als Schmalspurausbildung oder Westentaschenpsychiatrie bezeichnet wird. Das sind wir definitiv nicht." Psychotherapie sei ein gesetzlich geregelter Gesundheitsberuf, dessen fundierte Ausbildung nun endlich auch an den Universitäten stattfinden werde. Über die Forderung, dass es in der Ausbildung verpflichtende Praktika in der Psychiatrie oder psychosomatischen Einheiten geben müsse, zeigt man sich beim ÖBVP gesprächsbereit, die Anzahl müsse man aber diskutieren. Die Arbeit im Team in den psychiatrischen Facheinrichtungen sei wichtig, allerdings müssten die Therapeuten in der Ausbildung auch gut auf die spätere Einzeltätigkeit in der Praxis vorbereitet werden. (APA, anwa, 13.3.2024)