Auf den Tischen nebenan thronen die Stelzen. Die Begleitung? Pommes, Krautsalat und Budweiser. Warum die Menschen ins Schweizerhaus kommen, ist auch am ersten Wochenende der Saison offensichtlich. Hier ist niemand im Fastenmodus, hier wird mit Hingabe gespachtelt. Die meisten vertrauen auf die "knusprige Schweizerhaus-Spezialität" (23,90 Euro das Kilo) – fürs Bier braucht es eben eine ordentliche Unterlage.

Zugegeben, es ist gemütlich hier. Nebenan sitzt eine Rentnerpartie mit Hund und verleibt sich einträchtig die Stelzen ein – viele Worte müssen da nicht verloren werden. Zum Schluss werden, wie sich das gehört, die Reste eingepackt. Aber nicht nur das fällt auf. An den meisten Tischen wird das Prinzip "Sharing Plates" so selbstverständlich wie beim Familienpicknick zelebriert: Kinder, Omas, Onkels teilen einträchtig, was der Kellner auf großen Tabletts daher trägt.

Doch was tun Vegetarierinnen und Vegetarier, die sich in den Biergarten verirren? Und müssen Menschen, die vegan leben, drei Gänge Rohscheiben ordern?

Vegetarisches Komponentenessen Nummer eins: zwei Erdäpfelpuffer, dazu Bierrettich und Krautsalat.
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Schmankerln ohne Fleisch

Ein Blick auf die frisch folierte Karte für die Saison 2024 überrascht. Zwischen Schweinsstelze, Haussulz und Fischstäbchen bekennt das Schweizerhaus, ein Herz für Veggies zu haben. Unter dem Slogan "Um ein echtes Schmankerl zu sein, brauchts kein Fleisch" sind Schafskäsetascherln, Spinatnockerln, gebackener Emmentaler und "Linse trifft Bohne im Topf" (neben den Erdäpfelpuffern und Rohscheiben das einzige warme vegane Gericht auf der Karte) gelistet. Die Preise bewegen sich zwischen 9,90 und 12,40 Euro, sehr okay. Und ja, die Salatschüssel gibt es auch mit Chimichurri-Tofu – ambitioniert!

Komponentenessen Nummer zwei: Spinatnockerl – den gemischten grünen Salat gibt es inklusive.
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Ich konzentriere mich allerdings auf die Klassiker, ordere zwei handgemachte Erdäpfelpuffer, dazu Bierrettich, Krautsalat. Die Begleitung bestellt Spinatnockerln. Dann ist erst einmal Warten angesagt. Der Service hat mit den Kindern, Omas, Onkels so viel zu tun, dass sich eine kleine Analyse des Schweizerhaus-Tischtuchs mit Brezel- und Bierkrug-Muster ausgeht: Sieht das grün karierte Teil nicht großartig aus?

Salate mit süß!

Irgendwann sind die Bestellungen auf dem Tisch gelandet – und sehen auf den ersten Blick sehr gut aus. Der frisch geradelte Bierrettich liegt nicht nur ziemlich elegant auf dem Teller, er schmeckt auch richtig gut. Die Spinatnockerln aber versinken in der Käseoberssauce. (Immerhin kein Gorgonzala, kommentiert die Begleitung) Der ziemlich stabile Erdäpfelpuffer? Die Grenze zur Krokette verschwimmt leider. Der gekümmelte Krautsalat wie der grüne Salat, das darf gesagt werden, enttäuschen: Müssen frisch gemachte Salate heute wirklich noch gesüßt werden? Vorläufiges Fazit des vegetarischen (mit 41 Euro für zwei) erschwinglichen Komponentenessens: Als Unterlage fürs Bier taugt's allemal.

Für einen versöhnlichen Abschluss muss also ein Nachtisch her: "Eine Portion Böhmische Powidltascherln bitte!" Die sehen zwar nicht unbedingt Instagram-tauglich aus, aber darum geht es im Schweizerhaus ja auch nicht. Unter den vielen Butterbröseln sind zwei appetitliche Tascherln, befüllt mit feinem, nicht zu süßem Powidl, vergraben. Die Begleitung nascht mit und schwelgt plötzlich in Erinnerungen: wie bei der Oma!

Zum Schluss gab's frisch gemachte Powidltascherln.
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Kurze Plauderei mit dem Kellner, der Rentner-Vierer mit Hund ist auch schon im Aufbruch. Den übrig gebliebenen Bierrettich lassen wir uns natürlich einpacken. (Anne Feldkamp, 19.3.2024)