Elon Musk blitzt vor Gericht mit einer Einschüchterungsklage gegen das CCDH ab. Unterdessen verbreitet er weiter Verschwörungstheorien.
AP/Ebrahim Noroozi

Es lief schon einmal besser für Elon Musk und seine Plattform X, vormals Twitter: Die Nutzerinnen und Nutzer laufen der Plattform in Scharen davon, was wohl auch an den zunehmend radikalen und offen neonazistischen Inhalten mancher User liegen dürfte. Aber: X nimmt Millionenbeträge mit Werbung auf Accounts bekennender Faschisten und Rassisten ein. Doch wer eine solche Behauptung aufstellt, muss mit einer Klage rechnen, wie das Center for Countering Digital Hate (CCDH) erleben musste. Die unabhängige Organisation beobachtete einen drastischen Anstieg von Hassbotschaften auf der Plattform. Außerdem konnte die NGO den Nachweis erbringen, dass mit Werbung auf dem Account etwa des verurteilten Neonazis Andrew Anglin Millionen verdient werden.

Dass eine derartige Studie den Eigentümern und CEOs von Social-Media-Plattformen nicht schmeckt, muss wohl nicht eigens erwähnt werden. Aber Elon Musk ging einen Schritt weiter: Er versuchte das CCDH mit einer Klage einzuschüchtern und wollte so weitere Veröffentlichungen verhindern. Vor Gericht hagelte es jetzt aber eine krachende Niederlage für den mittlerweile nur noch drittreichsten Menschen der Welt.

Richter: Musk wollte Zentrum "bestrafen"

X argumentierte in der Klage, dass das Zentrum gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform verstoßen habe, da es unzulässigerweise Tweets zusammengestellt habe. Öffentlich zugängliche Tweets, wohlgemerkt. Nach der Veröffentlichung durch das CCDH und den anschließenden Medienberichten habe die Plattform nicht nur einen Reputationsschaden erlitten, sondern auch einen Millionenschaden hinnehmen müssen, weil Werbekunden ihre Aufträge zurückgezogen hätten. Am Montag wies ein US-Bezirksgericht die Klage schließlich ab. Die Begründung: Die X Corp. habe den Fall nur angestrengt, um das CCDH zu "bestrafen" und um andere abzuschrecken, ähnliche Kritik an der Plattform zu üben, so Richter Charles Breyer. Es sei unmöglich, die Beschwerde zu lesen, ohne zur Überzeugung zu gelangen, dass X mehr wegen der Äußerungen des CCDH besorgt sei als wegen dessen Methoden der Datenerfassung.

Darüber hinaus blieb X den Nachweis der tatsächlichen Verluste durch die Datensammlung der Forscher schuldig, so der Richter weiter. Die Anwälte der Plattform haben bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Imran Ahmed, der Geschäftsführer des Zentrums, bezeichnete die Klage als eine "scheinheilige Belästigungskampagne" eines Milliardärs, der vorgibt, für Redefreiheit zu sein, aber seinen Reichtum nutze, um Kritiker einzuschüchtern.

Musk und die Verschwörungserzählungen

Während die gerichtliche Auseinandersetzung in die zweite Runde geht, arbeitet Elon Musk weiter daran, rechte Verschwörungstheorien zu verbreiten. Nach diversen Postings mit antisemitischem Einschlag war es nun das Interview mit Don Lemon, in dem sich Musk mehr oder weniger subtil als Anhänger der Great-Replacement-Theorie outete.

Elon Musk on Racism, Bailing Out Trump, Hate Speech, and More - The Don Lemon Show (Full Interview)
Don Lemon

Die Erzählung ist jener des "großen Austauschs" aus Europa ähnlich, unterscheidet sich aber in Details. Illegale Einwanderer hätten eine starke Neigung, die Demokraten zu wählen, so Musk. Auf den Einwand des Interviewers, dass Einwanderer ohne Papiere nicht wählen dürfen, meinte Musk, dass es nicht nur um Stimmen, sondern auch die Demografie gehe. "Die Aufteilung der Sitze im Repräsentantenhaus richtet sich nach der Anzahl der Menschen, nicht nur nach der Anzahl der Bürger", sagte Musk und fügte hinzu, dass Einwanderer "überwiegend an Orte wie Kalifornien und New York gehen".

Die Anhänger der Verschwörungstheorie sind vor allem bezüglich der Geburtenraten im Westen besorgt. Sie glauben, dass es ein globales Komplott gibt, um die weiße Bevölkerung auszutauschen. Musk hat mehrmals angedeutet, dass er diese Erzählung teilt. Im November antwortete er zustimmend auf einen antisemitischen Beitrag auf X, in dem "jüdische Bevölkerungen" beschuldigt wurden, "Horden von Minderheiten" in westliche Länder zu schicken. The Verge kritisiert den Milliardär dafür: Musk versuche, beides zu erreichen – er wolle offensichtliche Botschaften an Anhänger der Great-Replacement-Theorie schicken, gleichzeitig wolle er aber nicht, dass man ihm vorwerfe, dass er glaube, was er sage, damit er seine Werbekunden nicht vergraule. (pez, 26.3.2024)