Kleines Mädchen isst ein Schokoladen-Ei und Hasenohren auf
Viel Schokolade naschen zu Ostern gehört irgendwie dazu. Laut Kinderdiätologin Stephanie Büchle sind solche Ausnahmetage auch nicht weiter schlimm.
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Meine Kinder hatten gerade die letzten Schokoladen-Nikoläuse verputzt, da gab es in den Supermärkten die ersten Ostereier aus Zucker und Häschen in Goldfolie. Die Süßigkeiten werden natürlich allesamt direkt vor den Kassen und auf Augenhöhe drapiert. Für mich als Mama von einem Kleinkind wird somit jeder Besuch im Supermarkt ein riesiger Stress.

Seit die Schokohäschen dort stehen, setze ich den Zweijährigen lieber ins Einkaufswagerl. Und dann rausche ich so schnell es geht an den bunten Regalen vorbei. Das Kind protestiert natürlich. "Schokoladeeeeeee", ruft es begeistert. Dann zieht es sich mit aller Kraft aus dem Sitz, weil es eine Mission hat: die Regale leerräumen. Das ist dann auch der Moment, an dem ich zu schwitzen beginne. Mit einer Hand halte ich meinen Sohn im Wagen fest, mit der anderen lege ich Brot, Milch, Salat und Saft auf das Kassenband. Natürlich schreit das Kind dabei. Natürlich schauen die umstehenden Leute. Sehr unangenehm.

Doch der Supermarktkampf ist noch nicht alles. In den Wochen vor Ostern bekommen meine Kinder ständig und vor allem ungefragt Süßigkeiten geschenkt. Von Oma und Opa, den Nachbarn, Kellnern oder fremden Menschen auf der Straße. Sie alle meinen es nur nett. Das weiß ich. Und meine Kinder freuen sich darüber. Nur: Die ewige Nascherei geht mir auf die Nerven.

Vorher die Eltern fragen

Ich finde, wenn Kinder noch klein sind, sollten Süßigkeiten etwas Besonderes sein. Bei uns bekommen sie etwa nach dem Essen ein Stück Schokolade. Nach dem Arztbesuch gibt es einen Lutscher. Bei längeren Zugfahren ein Päckchen Gummizeugs. Süßigkeiten sind sozusagen mein Joker. Und sie dienen mir als Erziehungshelfer. Da bin ich ganz ehrlich.

Wenn meine Kinder ständig von anderen Erwachsenen Schokolade oder Lollies geschenkt bekommen, bringen sie uns Eltern in eine blöde Situation. Der zweijährige Sohn etwa hat nach einem Lutscher keinen Hunger mehr. Ich muss ihm also vorerst den Lutscher wegnehmen, was zu einem Wutanfall führen kann. Und da wären wir wieder beim Thema schreiende Kinder im Restaurant. "In solchen Situationen darf man den Kellner ruhig darauf aufmerksam machen, dass der Lutscher nach dem Essen sinnvoller wäre", sagt Kinderdiätologin Stephanie Büchler. "Viele denken gar nicht daran, dass es ein Problem ist."

Immerhin fragen Oma und Opa mittlerweile, ob sie den Kleinen etwas zum Naschen geben dürfen. Das schätze ich sehr. Denn ich will nicht die böse Mama sein, die den Kindern ständig etwas verbietet. Vorab zu fragen, zeigt, dass man Respekt hat gegenüber den Eltern und deren Erziehungsentscheidungen. Gerade Zucker ist bei vielen Eltern ein sehr sensibles Thema. Das bemerkt auch die Ernährungsberaterin: "Viele Eltern heute haben noch gelernt, Emotionen mit Essen zu kompensieren, und damit einen problematischen Bezug zu Ernährung entwickelt. Das übertragen sie unterbewusst auf ihre Kinder."

Immer mehr Kinder übergewichtig

Büchler kann mich aber beruhigen: "Süßigkeiten gehören zu unserer Ernährung dazu, und moderates Naschen ist nicht schädlich." Sie findet, je früher Kinder lernen, damit umzugehen, desto besser. Strikte Verbote bringen nichts. Dennoch kann zu viel Zucker ein Problem für Kinder werden. Fachleute schlagen seit Jahren Alarm: Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht steigt rasant. Immer mehr von ihnen leiden an den typischen Gesundheitsbeschwerden, die man bislang nur von übergewichtigen Erwachsenen kannte: Bluthochdruck, hoher Blutzuckerspiegel, übermäßige Fettansammlung besonders im Bauchbereich und zu hohe Cholesterinwerte.

Der aktuelle HBSC-Bericht, der das Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schülern alle vier Jahre zusammenfasst, zeigt, dass jeder vierte Bub in Österreich bereits übergewichtig ist. Bei den Mädchen ist die Zahl etwas geringer. Da sind es um die 17 Prozent – also immer noch knapp jedes fünfte Mädchen. "Das liegt vor allem daran, dass die Kinder sich zu wenig bewegen", sagt Büchler. Aber auch daran, dass Kinder und Jugendliche nicht ordentlich essen. Statt eines Mittagessens gibt es ein Packerl Chips und einen Softdrink. "Mittlerweile gibt es einen riesigen Wirtschaftszweig in der Lebensmittelbranche, der Kinder und Jugendliche anspricht." Die zuckrigen Softdrinks und fettigen Snacks von Rappern und Internetstars etwa werden so gehypt, dass sie eine Art Statussymbol sind. Etwas, das Teenies haben müssen, um dazuzugehören.

In dieser Phase der Adoleszenz hätten selbst ernährungsbewusste Familien kaum Einfluss. Umso wichtig ist laut der Expertin die Esskultur, die in der Familie gelebt wird. Gibt es eine warme Mahlzeit? Sitzt die Familie am Tisch oder vor dem Fernseher? Isst jeder für sich oder alle gemeinsam? Dann sind auch Süßigkeiten kein großes Thema, findet Büchler. Dann hätten die Kinder gelernt, dass man zuerst eine richtige Mahlzeit isst und danach etwas Süßes – und nicht stattdessen. Und selbst Teenies, die jahrelang nur Junk futtern, ernähren sich als Erwachsene meist wieder bewusster.

Oster-Nascherei

Was Ostern angeht: "Da kann man gerade bei kleinen Kindern gut tricksen", sagt die Kinderdiätologin. Die würden sich auch über Früchte oder Müsliriegel im Körbchen freuen. Darüber sollte man allerdings die Verwandtschaft frühzeitig informieren. Mein Mann und ich haben das bereits letztes Jahr getan. Fünf Osternester pro Kind waren einfach zu viel. Fünf riesige Schokoladenhasen auch. Deswegen gibt es heuer nur einen Osterhasen, bunte Eier und ein paar Snacks wie Reiswaffeln, Quetschies oder kleine Geschenke wie Stifte oder Pixie-Bücher.

Den meisten Spaß haben die Kinder sowieso beim Eiersuchen. Sollten sie am Ostersonntag dennoch wieder einen Zuckerschock haben, dann ist es auch okay. Stephanie Büchler sieht auch darin etwas Positives: "Wenn die Kinder einmal so viel Schokolade essen, dass sie Bauchschmerzen haben, dann bekommen sie zumindest ein Gefühl dafür und können in Zukunft besser damit umgehen." (Nadja Kupsa, 30.3.2024)