Innenminister Karner und Justizministerin Zadic
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) will die Spionage fremder Mächte in Österreich bekämpfen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ist dabei.
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Es ist kein Amtsgeheimnis: Österreich ist seit vielen Jahrzehnten ein bevorzugtes Operationsgebiet von ausländischen Geheimdiensten. Seit dem Ersten Weltkrieg geben sich in Wien Spione und Spioninnen aus Ost und West die Klinke in die Hand. Österreich selbst und seine Staatsgeheimnisse spielen dabei heute eher eine Nebenrolle. Es sind vielmehr in Wien ansässige internationale Organisationen wie Uno, OSZE und Opec, die auf der Willhaben-Liste von Geheimdiensten stehen.

Dass ausländische Dienste hier wenig zu befürchten haben, solange sie nicht zum Nachteil Österreichs spionieren, hat historische Gründe. Die Zweite Republik wurde mit der Auflage der Neutralität in die Selbstständigkeit entlassen, wurde wenig später zur Pufferzone zwischen Nato und Warschauer Pakt. Österreich war im Kalten Krieg der ideale neutrale Boden für Agenten der Weltmächte. Dass bei entsprechender Bewegungsfreiheit auch Behörden unterwandert wurden, kam erst viel später ans Tageslicht. Der sowjetische Geheimdienst KGB etwa hatte bis in die 1980er-Jahre einen Spitzel in der Führungsebene der heimischen Staatspolizei.

Lange genug zugeschaut

Nun, so scheint es, hat Österreich dem bunten Treiben von Spionen lange genug zugeschaut. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) kündigt an, die Gesetze zu verschärfen. Künftig soll Spionage von ausländischen Nachrichtendiensten nicht nur dann strafbar sein, wenn sie sich gegen österreichische Interessen richtet, sondern auch, wenn andere Staaten oder internationale Organisationen ausgekundschaftet werden. Der Koalitionspartner in Person von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat bereits seine Zustimmung gegeben. Dafür will er aber die Lizenz zum Abhören von Messengerdiensten.

Andere Parteien in Österreich haben die verschärfte Spionageabwehr schon seit Jahren auf dem Radar. Auch die in Wien beheimateten internationalen Organisationen, die gegen Spionage und Desinformationskampagnen ausländischer Dienste kämpfen, fordern schon lange mehr gesetzlich verankerten Schutz. Wieso ringt sich die Regierung also gerade jetzt zu einer Gesetzesänderung durch?

Ein heißes Thema

Erraten. Weil Spionage gerade ein heißes Thema ist. Weil unter anderem die STANDARD-Recherchen rund um den in U-Haft befindlichen Ex-Staatsschützer Egisto Ott und dessen Verbindungen zum früheren Wirecard-Manager Jan Marsalek, der im Sold des russischen Geheimdienstes stehen soll, viele Menschen empören. Weil viele kritisieren, dass verantwortliche Politiker zu spät reagiert, wenn nicht sogar nur zugeschaut hätten.

Die Regierung reagiert jetzt also. Aber schauen wir noch einmal genauer hin: Welche Auswirkungen hätte die angekündigte Verschärfung in der Causa Egisto Ott (für den im Übrigen wie für alle anderen Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt)? Keine. Ein zentraler Vorwurf lautet ja, dass die Beschuldigten zum Nachteil Österreichs agiert hätten – und dafür gibt es bereits saftige Strafbestimmungen.

Die angekündigte Verschärfung mag sinnvoll sein. Doch die aktuelle Causa wird nur als werbewirksames Vehikel genutzt – wohl um zu demonstrieren, dass die Regierung wenige Monate vor der Wahl noch aktiv ist. Man könnte das auch als Ablenkung verstehen. Eigentlich erwarten wir jetzt Maßnahmen, die einen möglichen Spion in den eigenen Reihen früher auffliegen lassen. (Michael Simoner, 4.4.2024)