Wien – Im Burgenland, in Niederösterreich und Wien starteten am Mittwoch die Arbeiterkammer-(AK-)Wahlen. Anlässlich der erwarteten niedrigen Wahlbeteiligung – in Oberösterreich und Tirol lag die Beteiligung etwa deutlich unter 50 Prozent – sieht die AK Handlungsbedarf und stützt sich dabei auf eine von Foresight durchgeführte Studie, die gemeinsam mit der Stadt Wien vorgestellt wurde.

Daten daraus zeigen laut AK-Kommunalpolitik-Leiterin Sina Moussa-Lipp, dass in Wien zwar die Bevölkerung stetig wachse, aber die Wahlbeteiligung sowie die relative Anzahl an Wahlberechtigten sinkt. Zudem seien vor allem Menschen des unteren Einkommensdrittels und mit einem niedrigeren Bildungsabschluss unzufrieden mit dem politischen System. Für die Studie wurden rund 1.200 Personen aus Wien telefonisch und online befragt.

Demnach befinden 66 Prozent jener Personen, die dem oberen Einkommensdrittel angehören, das politische System als gut – hingegen sind nur 44 Prozent des unteren Einkommensdrittels mit dem aktuellen System zufrieden. Hier zeigt sich laut Moussa-Lipp ein klarer Zusammenhang zwischen politischer Zufriedenheit und sozialer Schicht. Ähnlich sieht die Datenlage bei der Frage aus, ob die eigene Stimme und das eigene Wirken einen Einfluss auf die Politik haben: Auch hier schätzt das obere Einkommensdrittel seinen Einfluss auf politische Entscheidungen größer ein als Menschen mit niedrigem Einkommen.

Das obere Einkommensdrittel schätzt seinen Einfluss auf politische Entscheidungen größer ein als Menschen mit niedrigem Einkommen.
IMAGO/Jacob Schröter

In Wien habe man zwar schon einige Angebote, um mehr Menschen in den politischen Prozess einzubinden – Bildungsbnereichsleiterin Ilkim Erdost nannte etwa das Beispiel Klimateam –, doch viele Menschen würden laut Foresight-Studie die Angebote gar nicht kennen. 60 Prozent der Befragten nahmen bisher an keinen der verfügbaren Angebote teil. Unter die Möglichkeiten der Beteiligung in Wien fallen etwa Bürgerinitiativen, Petitionen auf Gemeindeebene und das Jugendparlament. Gründe für die Nichtteilhabe sind laut der Studie häufig Zeitmangel, wenige Informationen zu den Angeboten oder die Einschätzung, dass die Teilnahme daran nicht wirksam für die Politik sei.

Vielfältigere Kommunikation notwendig

Im Zuge der Studie wurde danach gefragt, was in Wien besser gemacht werden könnte, um Menschen mit Beteiligungsangeboten abzuholen. Die Ergebnisse zeigen, dass die bisherigen Beteiligungsangebote nicht niederschwellig genug seien. Zudem brauche es eine vielfältigere und vielsprachige Kommunikation auf unterschiedlichen Kanälen. Es brauche auch öffentlich zugängliche Treffpunkte, an denen Menschen zusammentreffen und sich organisieren können.

Wiens Demokratie-Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ), der bei der Präsentation ebenfalls anwesend war, will die Ergebnisse aktiv in die Stadtpolitik einbringen: "Wir müssen laut für die Leisen sein und darauf schauen, dass jene, die bisher wenig mit Beteiligungsprojekten in Berührung gekommen sind und die gar nicht wählen dürfen, Werkzeuge in die Hand bekommen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen."

Kritisiert wird von der AK der "schwierige Zugang" zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Denn viele Menschen würden schon lange in Wien leben und arbeiten, dürften aber aufgrund anderer Staatszugehörigkeit nicht an Wahlen teilnehmen, betont Moussa-Lipp. Als Maßnahme, die Beteiligung an politischen Prozessen zu erhöhen, sieht die Arbeiterkammer deshalb auch einen leichteren Zugang zur Staatsbürgerschaft. (ste, 10.4.2024)