Es ist ein wahrhaft ambitioniertes Unterfangen und das Herzstück des europäischen Green Deal: Mit dem EU-Renaturierungsgesetz sollen Lebensräume für Tiere und Menschen in einen besseren ökologischen Zustand versetzt werden. Moore und Wälder sollen renaturiert, die Landnutzung umweltfreundlicher werden. Ein Orchideenthema? Keineswegs. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Ökosysteme in teils bedenklichem Zustand sind. Verschmutzt, zu intensiv genutzt oder ganz zerstört. Eine intakte Natur ist aber Lebensgrundlage für alle. Darüber muss man in Zeiten der Klimakrise nicht mehr diskutieren. Das verstehen und wollen alle.

Ein Sonnenblumenfeld und Kürbisse unter Wasser. 
Die Landwirte haben mit den Folgen der Klimakrise selbst zu kämpfen. Für eine ertragreiche Landwirtschaft braucht es eine intakte Natur, darauf verweisen Forscher immer wieder.
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Der Green Deal hat, als er 2019 verkündet worden ist, dementsprechend viel Zuspruch bekommen. Klimafreundlicher, naturnäher soll alles werden, das ist das Ziel. Der Konsens der Wissenschaft ist: Ja, das geht. Aber es hat Folgen. Nach und nach stellte sich heraus, dass es dafür Anpassungen braucht. Blühstreifen für Bienen, Gewässer in naturnäheren Zustand versetzen, das soll auch bei größeren land- und forstwirtschaftlich genützten Flächen geschehen. Viel Aufwand, viel Geld. Auf 154 Milliarden Euro werden die Gesamtkosten geschätzt – auf 45 Jahre und einen gesamten Kontinent. Es ist ein wahrer Brocken.

Lange wurde darüber diskutiert, Einwände wurden gehört und Änderungen in das Gesetzesvorhaben eingearbeitet. In Österreich ist die grüne Ministerin Leonore Gewessler selbstverständlich dafür, die SPÖ schwenkte mittlerweile um, die ÖVP sagt: Mit uns nicht. Wieder einmal.

Die Preise werden steigen

Wollen die Menschen eine Wiederherstellung der Natur? Ein Großteil spricht sich dafür aus. Wollen sie die Folgen schlucken? In Europa würden weniger Lebensmittel produziert. Es steckt keine Magie dahinter: Wenn wir Flächen verknappen, werden die Preise steigen.

Das klingt zunächst einmal nach einem Problem. Doch in Wahrheit liegt genau da die Lösung. Wenn wir den richtigen Preis für Lebensmittel zahlen, weil auch Umweltschäden eingerechnet werden, gehen wir sorgsamer damit um. Das wäre auch dringend nötig: Rund eine Million Tonnen Lebensmittel werden in Österreich weggeworfen. Im Jahr.

Weniger Fleisch

Nun ist es ja tatsächlich so, dass das alles kein Sparziergang wird. Eine Stilllegung von 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen steht im Raum. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig warnt einmal mehr, dass Österreichs Lebensmittelversorgung gefährdet wäre. Was er nicht sagt: Sehr viele Flächen kann man mobilisieren, indem wir weniger Fleisch essen. 20 Prozent könnten locker freigesetzt werden, wenn Schnitzerl, Rostbraten und Gulasch nicht viermal die Woche, sondern nur einmal auf den Teller kämen. Es ist auch das, was uns Ernährungsfachleute nahelegen.

Noch besser kennt die Politik ihre Schäfchen. Das sind nicht nur die Landwirte. Es sind auch jene, die gerne Fleisch verzehren. Österreich liegt da im Spitzenfeld. Zu pflanzlichen Alternativen greift ein verschwindender Anteil. In der Politik sind das Wählerstimmen. Die will man in Vorwahlzeiten nicht vergrämen. Die Botschaft "Leute esst weniger Fleisch, weil es eh gesünder ist, und erkennt wieder den Wert der Lebensmittel, geht sorgsam damit um", diese Botschaft vermitteln mag keiner. Dabei ist diese Wahrheit zumutbar – auch wenn sie zunächst einmal schwer verdaulich scheint. (Regina Bruckner, 24.5.2024)