Knapp 4000 Cybertrucks musste Tesla jüngst zurückrufen. Der Grund: Durch eine lockere Abdeckung kann sich das Gaspedal verklemmen und das Fahrzeug somit unkontrolliert beschleunigen – ein Sicherheitsrisiko bei einem knapp 3,1 Tonnen schweren Fahrzeug, das laut Hersteller in 2,7 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen kann. Angeordnet wurde der Rückruf von der US-Behörde für Straßenverkehrssicherheit (NHTSA), nachdem das Video eines Tesla-Kunden auf der Plattform Tiktok von mehreren Millionen Menschen aufgerufen wurde.

Behoben werden kann dieses Problem innerhalb von ein paar Sekunden, wie es eine knappe Woche später von einem Kunden im Rahmen einer Cybertruck-Veranstaltung hieß: So muss lediglich ein Loch in das Gaspedal des mindestens 60.990 Dollar teuren Pick-up-Trucks gebohrt werden, um die unsauber befestigte Abdeckung mit einer Niete zu fixieren. Nicht schön, aber es funktioniert.

Bitte vorsichtig waschen

Als wäre dies noch nicht unangenehm genug, sorgte kurz darauf ein weiteres Posting in sozialen Medien für Aufsehen. So berichtet ein Tesla-Kunde, dass sein Fahrzeug sich nicht mehr starten ließ, nachdem er damit in eine Waschanlage gefahren war. Der Bildschirm blieb schwarz, nichts ging mehr.

Am nächsten Tag funktionierte das Fahrzeug übrigens wieder. Es war nötig gewesen, das System zu rebooten, was jedoch fünf Stunden dauerte. Im Lauf der Nacht dürfte der Neustart also gelungen sein. Beachtlich ist auch, was ein User in diesem Kontext zusätzlich festgestellt hat: So rät Tesla explizit davon ab, den Cybertruck bei direkter Sonneneinstrahlung zu waschen. Und versetzt man das Auto vor dem Waschen nicht in den "Car Wash Mode", so kann dies zu Schäden führen, die von der Garantie des Herstellers nicht abgedeckt sind.

Eine Serie der Pleiten

Diese beiden Ereignisse reihen sich in eine mittlerweile recht lange Serie aus Hiobsbotschaften, die seit dem Launch des Cybertruck konsequent fortgesetzt wird. So sorgte bereits im Jänner für Aufsehen, dass die scharfen Kanten des Kofferraums eine Gefahr für eingeklemmte Finger darstellen. Zwei Monate später konterten die konkurrierenden Hersteller mit Videos, in denen die in schließende Kofferraumtüren ihrer Fahrzeuge geratenen Finger – beziehungsweise die zu Demonstrationszwecken verwendeten Karotten – verschont blieben.

Mehrmals wurden auch Berichte und Vidoeclips geteilt, laut denen der angeblich so geländetaugliche Cybertruck im Schnee stecken blieb, an einer staubigen Steigung scheiterte oder allem Anschein nach in einem schlammigen Feld in Texas feststeckte. Berichten mancher Tesla-Kunden, dass ihre Cybertrucks bereits zu rosten begännen, entgegnete ein Ingenieur des Unternehmens mit der Aussage, dass dies kein Rost sei, sondern nur Schmutz.

Dem Image des Trucks tun diese Berichte aus dem Social Web dennoch nicht gut. Ebenso wenig wie das Ergebnis eines Tests Anfang 2024 an einer öffentlichen Ladestation, laut dem der Cybertruck langsamer lädt als erwartet. Mit einem Software-Update im Februar adressierte Tesla dieses Problem, allerdings fehlen noch immer zentrale Features, die bei anderen Tesla-Modellen längst Standard sind, etwa im Bereich des assistierten Fahrens.

Andere Probleme des Fahrzeugs liegen schlicht in der Verarbeitung der Bauteile und lassen sich somit nicht mit einem simplen Software-Update beheben. So wurde noch vor dem Marktstart ein Video geteilt, das den angeblich "Apokalypse-tauglichen" Cybertruck nach einem Crashtest in einem äußerst beschädigten Zustand zeigte. Und Kritik gibt es schließlich auch bei der Reichweite, die im Basismodell mit 400 Kilometern pro Akkuladung deutlich geringer ist, als 2019 noch angekündigt wurde. Die teuerste Variante kommt auf 515 Kilometer Reichweite, ursprünglich hatte Tesla für das High-End-Produkt 800 Kilometer Reichweite angepeilt.

Schlechtes Timing

Dies alles kommt zu einer Zeit, in der es bei Tesla alles andere als rosig aussieht. So verkündete CEO Elon Musk Mitte April, dass jeder zehnte Arbeitsplatz bei Tesla gestrichen werde, von den weltweit 140.000 Mitarbeitern müssten 14.000 das Unternehmen verlassen. Betroffen ist davon auch die deutsche Fabrik in Brandenburg, hier sollen laut Handelsblatt 400 Stellen gestrichen werden. Das ist erstens ein harter Rückschlag für die betroffenen Menschen. Zweitens gilt es in einem vermeintlichen Wachstumsunternehmen als Warnsignal, wenn der Rotstift angesetzt werden muss.

Die Tesla-Aktie wiederum notiert auf dem niedrigsten Stand seit Jänner 2023. Parallel zum Jobabbau senkt Tesla außerdem die Preise für seine Fahrzeuge. Ein weiteres schlechtes Zeichen ist, dass man der offensichtlich schwächelnden Nachfrage preislich entgegenzuwirken versucht. Fairerweise muss allerdings betont werden, dass dieses Problem nicht Tesla allein, sondern die gesamte Branche betrifft: Denn der Markt für E-Autos wächst inzwischen langsamer als erwartet, und durch neue Marktteilnehmer wird der Preiskampf zusätzlich angekurbelt.

Ein Ladenhüter

Im Kontext des sich abkühlenden Marktes und der stärkeren, vor allem chinesischen Konkurrenz brauchte Tesla einen großen Wurf, mit dem der Hype wieder angestachelt beziehungsweise ein neuer Produktlebenszyklus losgetreten werden kann. Doch dieser bleibt aus. Während in Fachkreisen und unter Fans noch immer auf einen günstigeren Tesla für die Massen gewartet wird, hätte der Cybertruck das Blatt wenden sollen, was jedoch nicht passiert ist.

Stattdessen entwickelt sich dieser zu einem regelrechten Ladenhüter, ursprünglich ins Auge gefasste Zahlen wirken nun unerreichbar. So hatte es noch im November vergangenen Jahres geheißen, dass Tesla 200.000 Cybertrucks pro Jahr herstellen wolle. Tatsächlich – das zeigen die Zahlen im Rahmen des Rückrufs – wurden seit dem Marktstart am 30. November in den USA gerade einmal rund 4000 Stück verkauft.

Zum Vergleich: Der ebenfalls finanziell stark angeschlagene Konkurrent Rivian verkauft in den USA von seinem E-Pickup-Truck R1T rund 2000 Stück – pro Monat. Ein Datum für einen Marktstart des Cybertruck in Europa ist noch nicht bekannt. (Stefan Mey, 23.4.2024)

Update: Der Cybertruck wiegt nicht fünf, sondern 3,1 Tonnen. Der Fehler wurde korrigiert.