"Wir waren nie eine Familie, die viel Reichtum angesammelt hat": Agnes und Karlheinz Essl 2007 vor ihrem Museum.

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Am Freitag, dem 14. März, antichambrierte der Lobbyist Wolfgang Rosam bei Kulturminister Josef Ostermayer: Der Baumax-Gründer Karlheinz Essl werde innerhalb der nächsten drei Monate den Vorschlag unterbreiten, der öffentlichen Hand seine Kunstsammlung zu verkaufen.

Doch dann überschlugen sich die Ereignisse, und aus der Idee, den Deal still und heimlich vorzubereiten, wurde nichts: Am 23. März berichtete das Magazin Trend, dass die Heimwerkerkette Baumax ums Überleben ringt, sogar die Sammlung stehe zur Disposition. Das Ehepaar Karlheinz und Agnes Essl hatte sie zwar vor zwei Jahren, als die Krise im Osteuropageschäft bereits bekannt war, in eine Stiftung eingebracht; aber weil die notwendige Fünfjahresfrist noch nicht abgelaufen ist, würden die Werte im Insolvenzfall der Masse zufallen.

Tags darauf gab Essl bekannt, dass seine Frau und er bereit wären, "die gesamte Sammlung der Republik zu übergeben, wenn wir damit Baumax und somit rund 4000 Arbeitsplätze allein in Österreich retten können". Die "Zerschlagung" der Sammlung würde zu einem "unwiederbringlichen Wertverlust in der österreichischen Kulturlandschaft" führen. Das Argument, 4000 Arbeitsplätze stünden in Österreich auf dem Spiel, zeigte beim Sozialdemokraten Ostermayer Wirkung. Aber er versprach nichts - sondern lud nur zu einem runden Tisch ein. Dieses Gipfelgespräch findet am Mittwoch statt. Teilnehmen werden Vertreter der Gläubigerbanken Raiffeisen, Bank Austria und Erste Bank sowie des Arbeits- und des Finanzministeriums.

Unmittelbar nach Bekanntwerden von Essls Angebot äußerten sich etliche Museumsdirektoren äußerst kritisch zu einem Ankauf der gesamten Sammlung. Der Lobbyist soll darüber äußerst ungehalten gewesen sein - und diese als "Totengräber" bezeichnet haben. Es gab aber auch Experten, darunter Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, die eisern zu schweigen hatten. Denn der Vorsitzende des Albertina-Kuratoriums ist Christian Konrad, der bis 2012 mächtiger Generalanwalt des Raiffeisenverbands war.

Am vergangenen Wochenende gaben die Essls der Mediaprint Interviews. Sie nannten keinen Verkaufspreis (der Buchwert beträgt 86 Millionen Euro für rund 7000 Werke), Agnes Essl sprach aber gegenüber der Kronen Zeitung von einem "großzügigen Angebot". Denn man müsse sich nur vorstellen, "was den Staat allein die Arbeitslosenunterstützung für 4000 Leute kosten würde". Auch ihr Mann erwähnt im Kurier-Interview die 4000 Mitarbeiter, bekennt aber ein, dass man 2016 wieder in die Gewinnzone kommen wolle, weil die Verlustländer - Türkei und Rumänien - "abgestoßen" sind: "Die Heimatländer sollen unangetastet bleiben."

Agnes Essl bedauert, dass die Sammlung nicht schon vor fünf Jahren ausgegliedert wurde: "Dann hätten wir heute freie Hand über das Museum." Wichtig sei jetzt, "dass die Sammlung nicht auseinandergerissen wird. Und dass wir die Sammlung weiterführen können." Ähnlich äußert sich ihr Mann: "Es wäre schön, wenn wir das Museum weiterführen könnten wie bisher." Es stellt sich aber die Frage, ob es die Aufgabe des Staates ist, einem Unternehmerehepaar ihr Hobby zu finanzieren. Denn die öffentliche Hand hätte auch die Betriebskosten des Museums in Klosterneuburg zu bezahlen, das in Essl-Besitz verbleiben soll. Diese werden auf zumindest zwei Millionen Euro geschätzt. Auch die Besucherzahl verschweigen die Essl; sie dürfte bei nur 20.000 bis 50.000 liegen.

Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz und Novomatic-Eigentümer Johannes Graf haben kein Interesse an der Sammlung. Und letzte Woche erklärte Erwin Pröll, dass eine Baumax-Sanierung nicht kulturpolitisch zu lösen sei. Agnes Essl reagierte enttäuscht: Wenn man von dessen Plänen, in Krems ein Sammlermuseum zu bauen, gewusst hätte, hätte man den Landeshauptmann, "gar nicht mehr buseriert". Dieses Bekenntnis lässt recht tief blicken. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 2.4.2014)